Freitag, 23. März 2007

Anmerkungen zur Memoria

[Anmerkungen: Die kursiven Texte sind aus dem Lateinischen erstmals übersetzt, die Texte in moderner Rechtschreibung aus dem Französischen. In der historischen Rechtschreibung sind die deutschen Anmerkungen wiedergegeben.]

1.

Der Vater des Senators ist von dem vortrefflichen Günther mit folgenden Worten gelobt worden:

- Abraham August Abendroth, als gelehrter, erfahrener und redlicher Geschäftsmann, Jurist, Naturkundiger, Geschichtsforscher und Literator, seinen Freunden und seinem Vaterlande werth; in allen diesen Fächern vieljähriger, gründlicher unbefangener und eifriger, obwohl immer ungenannter Mitarbeiter der ersten kritischen Journale seiner Zeit. (Hanseat. Magazin 5, 148).

Was ich über dessen Leben von sicheren Gewährsmännern erfahren habe, ist anscheinend nicht mit Schweigen zu übergehen, obwohl es im Hinblick auf unsere Belange nicht für allzu wichtig erachtet wird, wiewohl feststeht, dass der Senator das Andenken an seinen Vater mit einzigartiger Liebe bewahrte. Jener wurde in der sächsischen Stadt Scheibenberg am 23. Januar 1727 als Sohn des Johannes Sigismund, eines öffentlichen Notars, geboren. Als zufällig ein Brand im Schlafzimmer entstanden war, erwachte der Jüngling , damals eher noch ein Knabe, davon, und machte sich mit hellwacher Umsicht daran, das Feuer zu löschen, wodurch er das väterliche Haus rettete. Da er sich zum ersten Mal selber in seinen Fähigkeiten beweisen konnte, glaubte er, dass in ihm irgendeine Kraft wohne und dass, wenn es notwendig sein sollte, er sich auf diese berufen könnte. Dies bestätigte bei der nächsten Gelegenheit seine Lebensweise, die er nach seiner natürlichen Begabung ausrichtete. Nachdem er im Alter von zweiundzwanzig Jahren nach dem Verlassen der Leipziger Akademie eine Weile als Lehrer gewirkt und einen Jüngling aus gutem Hause nach Kiel begleitet hatte, begab er sich kurz entschlossen als Gast in die fremde Stadt Hamburg, wo ihn niemand kannte und er überdies nur mit seinem ererbten Vermögen von fünfzehn Talern ausgestattet war. Dieser vielleicht unüberlegte Entschluss (obwohl er zu negieren pflegte, dass er einen unüberlegten Entschluss gefasst habe) ging freilich erfolgreich aus. Unter der Anleitung des Gymnasialprofessors Schellhaffer, den er als Freund erworben hatte, verschaffte er sich eine ehrenhafte und für seine enge finanzielle Lage ausreichende Erwerbsquelle, indem er die Dämme und Unterkonstruktionen des Hafens von Ritzebüttel sorgfältig auf Karten übertrug. Im selben Jahre 50 des vorigen Jahrhunderts suchte er einen schleswig-holsteinischen Adligen auf, mit dem er brieflich in Kontakt getreten war; aber das Leben auf dem Lande zu verbringen, schien ihm, obwohl es angenehm war, nicht vorteilhafter zu sein als in einer sächsischen Kleinstadt unterzukriechen. Nach Hamburg zurückgekehrt, bot er sich einem jungen Mann als Begleiter an, der im Begriff war, längere Bildungsreisen als üblich zu unternehmen. Sie reisten also durch Holland, England und schließlich Frankreich (in Paris wurde ihnen die Möglichkeit gegeben durch Vermittlung von Klefeker, dem Syndikus des Stadtstaates, König Ludwig XV. zu begrüßen), durch den vorderen Teil Spaniens, dann durch die Schweiz und einen Großteil Deutschlands, wobei sie jedes Land ausführlich besichtigten, so dass sie erst nach zwei Jahren und drei Monaten nach Hamburg zurückkehrten. Dort hielt er sich jedoch nur kurz auf, begleitete dann als Lehrer den jungen Literaturstudenten an die Universität Leipzig und kehrte nach Ablauf von drei Jahren im April 1757 nach Hamburg zurück, in die Stadt, welche in den folgenden Jahren bei wiederholten Besuchen ihm besonders freundlich gesonnen schien. Hier endeten seine Wanderungen, durch die er nicht nur einen geistigen Genuss, sondern eine vielfältige Bildung und Lebenserfahrung erworben hat. Im darauf folgenden Jahr kaufte er sich ein Haus und zog sich ins zivile Leben gleichsam wie in einen Hafen zurück, nachdem er gegen Bezahlung (dieses Verfahren war bei den damaligen Hamburgern nicht nur ehrenhaft, sondern auch bis dato einmalig) das Amt eines Procurators erworben hatte. Im Jahr darauf 1763 – sein Vater lebte noch – heiratete er bei Oldenburg Maria, die Tochter des schleswig-holsteinischen Hauptpastors Groot, mit der er die Tochter Concordia Katharina (geb. 26.4.1765) und seinen einzigen Sohn, d.h. Amandus, zeugte. Da seine Frau wenig später verstarb, heiratete er in zweiter Ehe Anna Maria, die Tochter des Kaufmanns Hieronymus von Borstel, die zwei Töchter zur Welt brachte: Charlotte Augusta und Augusta Paulina. Man sagt, er sei den Kindern gegenüber ziemlich streng gewesen, fast nach Altväterart. Eine mögliche Erinnerung daran hat aber die sehr intensive Vaterliebe des Sohnes verblassen lassen, so dass er das Andenken an ihn sehr oft seiner Familie nahe legte. Man berichtet auch, dass jener anfangs seinen Sohn für die Theologie bestimmt habe; der Knabe hingegen, eher von einem Impuls als von einem Urteil verleitet (was er in dieser Angelegenheit ja nicht haben konnte) verkündete, nichts würde ihm gefallen, es seien denn juristische und staatsbürgerliche Studien; der Vater, der eine Karriere im Staatsdienst noch einmal überdacht hatte, habe schließlich nicht länger auf seinem Vorhaben bestanden. Diese brachten sie in beachtenswerter Weise auf den Weg.

Nachdem der Vater für sich und seine Familie auf dem Hammer Friedhof ein Grab gekauft hatte, habe er seinem Sohn nicht nur einmal gesagt: wenn du aber einst diese Präfektur als Prätor zur Verwaltung erhalten hast, hüte dich, jenes Grab, sollte es seines Schmuckes beraubt sein, völlig einstürzen zu lassen. Dies hätte der kluge Mann nicht einmal im Scherz gesagt, wenn er nicht seinen Sohn der Rechtswissenschaft, die solche Amtsgewalt verlieh, schon zutiefst anempfohlen hätte. Diese Angelegenheit ist von minderer Bedeutung, aber dennoch nicht zu übergehen, weil Amandus Abendroth im 41. Jahr nach dem Tode des Vaters eben diese Präfektur übernahm. Sein Vater starb am 19. November 1786.

2.

Zwei Schriften gab A. dazu heraus, die eine betitelt: Was kann das Publicum von der Armen-Anstalt in der jetzigen Zeit erwarten? Beantwortet von A. (November oder Dezember 1831 kurz nach Ausbruch der Cholera, die, als sie zum ersten Mal wütete, den Hiesigen großen Schaden und eine noch größere Verunsicherung zugefügt hatte), die zweite: Bemerkungen über die Armen-Anstalt von 1791 und 1830. Von Abendroth, früher Vorsteher der Armen-Anstalt und zuletzt Präses des Armen-Collegiums (Februar 1832). Aus diesem Buch möchte ich gern ein wenig zitieren, um dem Leser den Schreibstil vorzuführen, den A. gebrauchte. Mir ist fast niemand bekannt, der weniger rhetorisch verziert schrieb und der bei einer so klaren Redeweise einen ebenso munteren wie lebhaften Sinn für das Wahre, Richtige und Gerechte an den Tag legte. Als er sich über die alten Zeiten äußerte, sagte er folgendes: Man setzte sich ein großes, entferntes Ziel, was, wenn es auch nie erreicht werden konnte, doch zu einem immer weitern Fortschreiten mächtig auffordert; man hatte, um zum endlichen Ziel zu gelangen, die aeusserst humane, kühne aber in praxi nicht auszuführende Idee, die Quellen der Verarmung gänzlich zu verstopfen, und es allmählich dahin zu bringen, dass die Menschen so gebessert würden, dass jede Armenversorgung fast überflüssig, höchstens nur die Versorgung alter, unfähiger Armen übrig bliebe, es sollte keine Noth mehr vorhanden sein. ---

Wir baueten ein grosses brillantes Schulhaus, etablirten Spinnerei, Fabrik-, Kost- und Vorschuss-Anstalten, kurz, man freuete sich, und der Verfasser, der in dieser brillanten Zeit Mitglied des Armen-Collegiums ward, mit seinen Collegen, des Wohlstandes der Armen-Anstalt, und suchte das reichlich zufliessende Geld auf jede Art nützlich auf die wenigen der Zeit vorhandenen Armen zu verwenden. --- Diese von der Armen-Anstalt unterstützten Personen waren viel besser daran, als die, welche ihr Ehrgefühl von der Armen-Anstalt zurückhielt, und es gab in der Meinung dieser Classe keine Gründe mehr, diese gewissermaasen ehrenvolle Unterstützung auszuschlagen, kurz, es war dahin gekommen, dass es keine Ehre mehr war, sich selbst zu helfen. --- Wie lange hätte es noch dauern können, bis das ganze Capital verzehrt gewesen? Aber, so konnte es nicht fortgehen. --- Es war ein hartes, aber unerlässlich nothwendiges, durch die Umstände herbeigeführtes Ereignis, diese so menschenfreundliche Idee gänzlich aufzugeben; die Occupation durch die französischen Truppen ersparte dem Armen-Collegio dies Geständnis. --- Die Zeit hat sich seit 1790 und 1791 total geändert und es ist unmöglich, dem Drange der Zeit nicht zu folgen. --- Kein menschliches Werk darf stille stehen, wenn es nicht rückwärts gehen soll. -- Kranke müssen gepflegt werden, hülflose Kinder müssen erzogen und unterrichtet werden, unfähige Arme müssen unterstützt werden , aber weiter muss man nicht gehen, weiter kann man nicht gehen, man darf selbst ohne große Gefahr den Grundsatz nicht statuiren, dass der Staat oder für ihn ein Armen-Collegium den Arbeitslosen Arbeit geben müsse; in welch unabsehliches Labyrinth führt eine solche Ansicht? Welcher Staat hat die Mittel dies auszuführen? -- Wie ist es möglich, und mit den Ergebnissen der wirklichen Welt zu vereinigen, dass ein Werk, das 40 Jahre bestanden hat, jetzt noch ebenso enthusiasmiert, wie vor 40 Jahren, besonders wenn eben durch dieses Werk der schroffe Anblick des Elends seit Jahren den Augen des Publicums entzogen ist, und, wenn die Armen-Anstalt wirklich Gutes gestiftet hat, entzogen werden musste. Eine solche 40 Jahre anhaltende warme Bewunderung ist gänzlich der menschlichen Natur entgegen, um so verdienstlicher sind aber die Bemühungen der Männer, die, obwohl die Armenversorgung jetzt des äußeren Ruhmes entbehrt, als Armenpfleger unverdrossen ruhig das Werk mit großem Segen erhalten. --Es wird dem Armen-Collegio hin und wieder verdacht, dass es nicht die Initiative aller Versorgung gleich bei der ersten Veranlassung ergriffen hat. In Hamburg fängt alles, wie die Erfahrung mit so glücklichem Erfolge zeigt, bei Privatpersonen an; erst wenn man Erfahrungen gemacht, kann man nach Umständen Sache des Staates werden.

3.

Da diese Angelegenheit in Vergessenheit geraten scheint und meiner Erinnerung nach von den Älteren niemals erwähnt worden ist, meine ich, sie aus den Archiven der Vaterländischen Gesellschaft selber, d.h. aus der Versenkung und dem Verschweigen gewissenhaft hervorholen zu müssen. Am 29. August 1799 wurde in einer feierlichen Versammlung ein Schriftstück verlesen, dessen wesentlichen Inhalt wir hier gekürzt wiedergeben.

Der Gemeingeist, unserem kleinen Staate so unentbehrlich, ist bei allen so hellleuchtenden Proben des Patriotismus, wie leider so manche Exempel der Exemtionen, der beginnenden Titelsucht etc. beweisen, dennoch gewiss eher im Sinken als im Steigen. Er beruhet auf einer richtigen Kenntnis des Staates worin wir leben, auf Kenntnissen der Rechte und Pflichten des Einwohners, und auf dem daraus hervorgehenden Gefühl unserer glücklichen Lage. Wird diese Kenntnis des Staates in späteren Jahren erworben, und unsere Verfassung dann mit anderen verglichen, so befördert dies freilich allerdings den Gemeingeist, allein wie oft geschieht dies? Und wie wenig Zeit hat auf der anderen Seite der junge wissbegierige Staatsbürger, der seine ganze Zeit seinem erst angefangenen Geschäfte widmen muss, wenn er redlich fort will, dann dies nachzuholen; wie wenig Zeit lässt ihm hiezu selbst die Verwaltung einzelner Departementer, die ihm, wenn er Hoffnungen von sich blicken lässt, aufgetragen werden, übrig? Es ist überdem ausgemacht, dass bei weitem der geringe Theil unserer Mitbürger in späteren Jahren sich um die Verfassung bekümmert; in der Jugend dies zu thun, dazu fehlen die Mittel. Es wäre aber zu wünschen, dass in unseren Bürgerschulen neben den Brodstudien auch ein eigener Unterricht unserer Verfassung gegeben werden möchte. Dem Vernehmen nach, wird auch darauf bei der bevorstehenden Reform unserer Staatsschulen, des Gymnasiums und Johanneums, Rücksicht genommen. Nun fehlt es den Lehrern durchaus an allen hiezu erforderlichen Kenntnissen. -- Nicht nur der gebildete, zur dereinstigen Verwaltung des Staates bestimmte junge heranwachsende Bürger muss diese Kenntnis haben, sondern auch der weniger gebildete. Diese Kenntnis macht ihn williger gegen seine Obern – und billiger gegen seine Nebenbürger. Es müsste also nicht nur in der letzten Instanz auf dem Gymnasio, sondern auch in den niedern Schulen ein solcher Unterricht ertheilt werden. Beide Belehrungen können nicht nach demselben Maasstab eingerichtet werden. Es wären also zwei Compendia nöthig:

1. ein politischer Staats-Katechismus für Bürgerschulen,

2. ein Lehrbuch der staatsrechtlichen politischen und Justizverfassung Hamburgs.

Dieser Gegenstand scheint mir vorzüglich zu einer Preisaufgabe abseiten der patriotischen Gesellschaft sich zu qualifizieren, cet.

Der Antrag wurde einem engeren Kreis der Versammlung übergeben, der darüber beraten sollte. Nachdem einzelne Meinungen schriftlich festgehalten worden waren und die Beratung erfolgt war, wurde die Sache erneut derselben Versammlung zur beschleunigten Verabschiedung übergeben. Dreimal und viermal jährlich bis hin zum sechsten Jahr unseres Jahrhunderts sind die Schriften ergänzt und umhergeschickt worden, damit es jedem möglich wäre zu erfahren, was die übrigen geschrieben hätten. Aber wie es meistens zu geschehen pflegt, manche Schriftstücke wurden das ganze Jahr über und noch länger zu Hause festgehalten. So kam es dazu, dass jene faktisch nichts bewirkten, uns aber die Meinungen der vortrefflichen Männer bekannt werden konnten, da der Sekretär Meyer, welcher der Gesellschaft so viele Jahre lang mit viel Geschick vorgestanden hatte, im Jahre 1808 alle diese Schriften von nicht zu verachtenden Aufwand so, wie sie über diese Angelegenheit abgeschlossen und genehmigt waren, unter die Akten aufgenommen und, was mit höchster Sorgfalt ausgearbeitet war, gesondert im Archiv verwahrt hatte. Als erster schrieb Büsch seine Meinung, allerdings nicht mit eigener Hand, sondern durch die eines Schülers, wie er es zu tun pflegte (er war sehbehindert). Er lobte den Vorschlag selber: der Vorschlag des Herrn Dr. Abendroth stimmt mit meinen lang gehegten Wünschen überein. Nur darin zögerte er, ob es der Sache dienlich wäre, wenn der ausgelobte Preis einen jeden beliebigen zum Schreiben anspornen würde. Das Programm wird nicht wenig Ueberlegung kosten, insonderheit um zu verhindern, dass wir nicht von dem zahlreichen Vieh, das in Hamburg auf der Schriftsteller-Weide geht, zuviel unreife Arbeiten bekommen. Reimarus (J.A.H., der Sohn von H.S.): Eine solche Unterweisung der Jugend von allen Ständen nutzt vom Grunde aus. So trägt es gewiss in England viel zum Gemeingeiste bei, dass man von Jugend auf our happy constitution rühmen hört, dabei man sich doch manchen Druck gefallen lässt, davon wir frei sind. Über die Aussetzung eines Preises ist er mit Büsch einer Meinung. Ich frage, ob es nicht zuträglicher wäre, die verschiedenen Capitel unter uns selbst zur Ausarbeitung zu vertheilen. Günther: Keiner kann sich des endlichen Wiederauflebens einer Idee, die ich so lange Jahre schon gehegt und gepflegt habe, inniger freuen, als ich. Mein Glaubensbekenntnis darüber habe ich längst im 4ten Bande unserer Verhandlungen S. 209 ff. öffentlich gesagt, und an unsers Sievekings Bekenntnis (ebendas. S. 181) angeschlossen. Ueber die vorgeschlagene Modalität würde ich viel zu sagen haben, wenn ich Zeit und Kräfte hätte jetzt irgend Etwas zu sagen, wenn ich nicht selbst dieses flüchtige Wort, von der Tageslast erdrückt, spät nach Mitternacht aufs Papier werfen müsste. -- Ist es überall gut, mit einem g e d r u c k t e n Lehrbuch anzufangen? Ich dächte, , dies müsste ein spätes Resultat mündlicher Vorträge und zu deren Leitfaden hingeworfener aphoristischer Hefte sein. Danach fügte Günther folgendes hinzu:

ich müsste mich sehr irren, wenn nicht gerade die besten Lehrbücher fast immer in diesem Wege entstanden wären. -- Und was können wir von einer Preisfrage erwarten? -- Theodor Hasche: - Ich weiss wenigstens von mir und meinen Jugendfreunden, dass wir begierig einen Unterricht über Hamburgs Verfassung wünschten, um das beurteilen zu können, was täglich um uns vorging. Mir ist ein solcher Unterricht aber nicht zu Theil geworden. - Carl Hübbe: - Ein Fremder musste uns erst mit unserer Stadt und mit unserer Verfassung bekannt machen, nämlich von Hess; allein sein Werk, besonders der Theil, welcher die Verfassung enthält, ist bei weitem nicht so allgemein gelesen und beherzigt worden, als man wohl glauben sollte. Mir sind ganz auffallende Beispiele von Leuten bekannt, welche die angesehensten Departements verwaltet und doch nie einen Blick in jenes Werk gethan hatten. Nach meiner Kenntnis von Hamburg möchte ich fast behaupten, dass die mehrste Kenntnis von unseren Einrichtungen und den Gesetzen unseres Staates, verbunden mit einer herzlichen Zuneigung zu Hamburg als Hamburg, und wahre praktische Werthschätzung unserer Freiheit in dem sogenannten Mittelstande angetroffen werde. - Johann Jacob Rambach: - Das Sinken des Patriotismus in Hamburg und die Verwandlung desselben in Localismus, rührt gewiss nicht von dem Mangel an Kenntnis unserer Staats-Verfassung her. Der Grund davon liegt vielmehr in der Verweichlichung der Sitten, in dem Taumeln von einem Vergnügen zum andern, und vor allen in der herrschenden Seuche unseres Zeitalters, der Selbstsucht. Dagegen würde ein politischer Katechismus so wenig ausrichten, als der Faustische gegen die Schlemmerei. Aber wir könnten vielleicht die Zufriedenheit unserer Mitbürger mit unserer glücklichen Verfassung befördern, und unsere Jünglinge zu ihren künftigen Staatsämtern vorbereiten, so dass sie nicht nöthig haben, nachher ihre Pflichten auf unsere Kosten zu lernen. Dazu bedarf es keiner philosophischen Deduction der Entstehung unseres Staates, keine Zergliederung der Grundsätze, auf die er vernünftiger Weise gegründet sein muss. - Unsere Vorfahren gründeten einen Staat, der jetzt der freieste der Welt ist, ohne sich der Grundsätze bewusst zu sein. Und ihre jetzige Darlegung müsste, wie auch Herr Günther bemerkt, Gesichtspunkte geben, die auf mancher erst mühsam geglätteten Stirn neue Falten hervorbringen würden. - Ferdinand Beneke: - Ich glaube nicht, dass man „diese Krisis erst verbrausen lassen müsse.“ Haben wir hier Spuren davon? Und wenn das ist, gäbe es wohl ein wirksameres Mittel gegen die Unzufriedenheit mit der R e g i e r u n g als das des Unterrichts in der Verfassung? --- Unsere Vorfahren hatten wirklich Theorie. Denn die Verfassung und überhaupt die Republik war bei ihnen ein permanenter Gegenstand der Unterhaltung. Man bekümmerte sich mehr um die gemeine Sache. Es war zur Sitte geworden, und zu einer Wissenschaft, die ihren Bekenner geehrt machte. Dieser antike Gemeingeist hat fast ganz in neueren Zeiten aufgehört. - J.H.Dresky: - Noch sind keine 40 Jahre verflossen, da auf unserem Hamburgischen Gymnasio, welches damals noch von 40-50 studierenden Jünglingen besucht ward, Collegia über Hamburgs Geschichte und Verfassung gelesen wurden, aber leider seitdem unsere öffentliche Stadtschule und Gymnasium in so großen Verfall gekommen, ist auch der öffentliche Vortrag hierüber gänzlich ins Stocken gerathen. –

Abendroth, der in der Zwischenzeit in den Senat gewählt worden war, sagte, als die Angelegenheit demselben vorgetragen worden war, er beharre auf seiner Meinung, hinsichtlich derer er mit Genugtuung gesehen habe, dass deren Grundtenor von den meisten gebilligt werde. Aber in den schriftlichen Äußerungen, was ich oben ausgeführt habe, geriet die ganze Sache ins Stocken. Man hätte sagen können, dass die Verhältnisse der Republik wenig dazu beitrügen, Entschlossenheit zu fördern. Ende März 1801 schrieb der verehrenswerte J.J.Rambach: - Ich erhielt die Papiere zu einer Zeit, wo ich nicht wusste, ob es sich der Mühe verlohnte, für unser der Uebermacht erliegendes, mit Schmach bedecktes Vaterland eine Zeile zu schreiben. Auch machte es mir meine Stimmung ganz unmöglich. Jetzt, da unsere Besorgnisse sich vermindern, und die frische Hoffnung, frei und unabhängig zu bleiben, wieder auflebt, so eile ich, wieder Hand an das patriotische Werk zu legen. Ich gestehe, dass ich bei einer Preisfrage Schwierigkeiten genug finde, und dass ich der Ergreifung dieses Mittels nur deshalb beistimme, weil ich kein besseres weiss. Das von Herrn Günther in Anregung gebrachte, durch mündliche, Jahre lang fortgesetzte Vorlesungen allmälig zu einem solchen Handbuch zu gelangen, scheint mir in Hamburg nicht anwendbar.-- Und wer möchte jetzt wohl noch Muth haben, solche Vorlesungen zu unternehmen, da unser verehrter Ebeling zu seinem Collegium über die Hamburgische Geschichte auch nicht e i n e n Zuhörer fand! – Indignation ergriff Heß, als er ehrenhalber gefragt seine Meinung zum Ausdruck brachte:

Angenommen, aber keineswegs – wenigstens von meiner Seite – zugegeben, der Gemeingeist sei in Hamburg tief, oder nur im G a n z e n gesunken, so zweifle i c h wenigstens daran, dass dieser verschwundene Gemeinsinn durch irgend eine Art von gedruckter oder schriftlicher Belehrung wieder herbeigeführt und gleichsam von Neuem gehoben werden möchte. Ich traue k e i n e r, noch so gelehrt oder künstlich aufgestellten Reihe von Buchstaben eine solche wiederbelebende Wunderkraft zu. Dieses Misstrauen entspringt wahrscheinlich aus der geringen Wirksamkeit, die ich im Ganzen der Schriftstellerei beizulegen befugt bin, da ich selbst Erfahrungen genug in diesem Felde gemacht habe, und mich auf die Wahrnehmungen mancher andern Leute meines Schlages berufen kann. -- Der eigentliche Antrieb für die, bei uns durch Titel, oder sonstige Unterwerfungen unter ein fremdes Forum sich entbürgernden Hamburger, ist wohl das i n n e r e Machtgebot des platten, gröbsten Eigennutzes, um sich, so viel als möglich, den Abgaben und Geldbeiträgen, welche die Erhaltung unseres Staates so sehr erfordert, zu entziehen. - Wer sich zu den unmoralischen Forderungen an sich geneigt ist, dass die Rechte seiner Mitbürger für ihn keinen anderen Werth haben, als insoferne er sie zu seinen eigennützigen Zwecken nutzen kann; wer seine Persönlichkeit a l l e i n zur eigensüchtigen Spindel macht, um die sich Alles, was er nur auf irgend eine Weise von sich abhängig machen kann, drehen muss, für den wird doch wohl das beste Lehrbuch, die herrlichste Schilderung der reinsten und vollständigsten Verfassung Nichts fruchten und ihn zu einem patriotischen Bürger zu bilden wohl nicht im Stande sein. Aber vielleicht kann durch die bessere und allgemeine Bekanntschaft mit unserer Verfassung derjenige Theil unserer Mitbürger, dem es zwar nicht an patriotischem Sinn, wohl aber an Enthusiasmus, seinen Willen zu äussern, mangelt, zu mehrerer wirklichen Theilnahme und ausübender Thätigkeit gebracht werden? Gesetzt, dies könnte hiedurch bewirkt werden: wäre es anzurathen? Würde der Erfolg unbedingt gut, oder nur unschädlich sein zu einer Zeit, wo wir in unserer Verfassung selbst noch unberichtigte Verhältnisse haben, die sich in kritischen Momenten nur gar zu deutlich wie wesentliche Mängel blos geben? Und wovon ich hier aus dem zuletzt vergangenen und noch laufenden Jahre (der sehr streng urteilende Mann schrieb dies am 8. Dezember 1802) ein Paar schreiende Beispiele aufstellen könnten, wenn – ich sogar auch dieses nicht einmal für unbedingt gut halten darf (sic). Ob es nun rathsam wäre, bei derlei und anderen wirklichen Mängeln unserer Staats-Verfassung den Gemeingeist so zu enthusiasmiren, dass er in Handeln ausbräche, das glaube ich nun wieder nicht. Um so mehr, da ich noch lange nicht überzeugt bin, dass es überhaupt gut wäre, mehreren dieser Mängel abzuhelfen, da sie auf der andern Seite heilsame Gegengewichte abgeben, und vielleicht bei ihrer gänzlichen Wegräumung Ausartungen anderer Art entstehen möchten, welche diese Mängel bis jetzt verhindert haben. -- Der blosse Privatschriftsteller kann hierin nach s e l b s t ä n d i g e n Rücksichten verfahren, er braucht niemand als sich selbst Rechenschaft zu geben, warum er über dieses oder jenes ein Stillschweigen beobachtet hat. Aber kann eine patriotische Gesellschaft einer Schrift über eine von ihr zum Gegenstand der Beantwortung gebrachte Frage ihren Beifall ertheilen, wenn ihr Bewusstsein ihr dabei sagen muss, dass manches zu dem Gegenstand gehörende, sehr Wichtige, aus Rücksichten hat wegbleiben müssen! Usw. Durch diese und dergleichen Erörterungen schreckte der sonst in höchstem Ansehen stehende Mann nicht einmal einen seiner Freunde davon in der Meinung zu beharren, dass diese Angelegenheit sehr nützlich und auf jeden Fall auszuführen sei. Ebeling (am 4.Februar 1803) mahnte manches im Hinblick auf das Gymnasium an, was hier zitiert den Leser nicht unnötig belasten wird. Der Hauptgegenstand dieser Schriften war mir schon seit mehreren Jahren, wenn ich an die mögliche und nöthige Verbesserung unseres Gymnasiums dachte, ein angelegentlicher Wunsch. Es schien mir (und ich habe gefunden, dass einsichtsvolle patriotische Männer, denen ich meine Gedanken mittheilte, sie billigten), dass unsere zwecklos d o p p e l t e philosophische Professur dadurch erst nützlich werden könnte, dass der Professor der praktischen Philosophie (der seit vielen Jahren immer ein Jurist war) nicht nur Natur- und Völkerrecht, sondern auch besonders die Handelsrechte und vor Allem Hamburgs Verfassung zu lesen verbunden wäre. Dann wäre aber auch der Professor der Geschichte zu verpflichten, die Hamburgische Geschichte gleichsam als Einleitung zu jenem Vortrage voranzusenden. Wenn das Alles jetzt auch nicht, oder nicht auf einmal möglich zu machen ist, so wird der Plan der patriotischen Gesellschaft unstreitig die beste, unentbehrlichste Vorbereitung dazu sein. -- Wenn ich sage, künftigen Lehrer, so wage ich mir das Urtheil der Gesellschaft darüber auszubitten, ob nicht jetzt schon es zu bewirken wäre, dass ein Mann von erprobter Geschicklichkeit als ausserordentlicher Lehrer am Gymnasium für Handelsrecht, Hamburgische Verfassung etc., sich (wäre es auch nur ad interim fürs Erste) anstellen liesse? Der Mann und das Gehalt wären glaube ich schon da, nur fragt es sich, wie die Sache, wenn sie thunlich, einzuleiten und an die Behörde zu bringen sei? --- Was den Vortrag der Hamburgischen Geschichte anbetrifft, so will ich ihn auf Ostern noch zum dritten Mal der lernbegierigen Jugend anbieten. Allein auch ich würde ihn gerne dem Mann von welchem ich vorhin schrieb, abtreten, wenn es eingeleitet würde, dass ihm dieser Vortrag am Gymnasium aufgetragen würde. Das Publicum würde sehr dabei gewinnen, denn ich selbst bin nur noch Anfänger in der Hamburgischen Geschichte. -- Es versteht sich von selbst, dass auch die dem Gymnasium nicht als aufgenommene Cives Gymnasii Verwandten, wenn i c h diese Geschichte lehren soll, Zutritt dazu haben. - Reimarus steuerte eine Schrift hinzu, die er schon veröffentlicht hatte: Entwurf eines allgemeinen Staats-Unterrichts für künftige Bürger (Hamburg 1803, August Campe), damit war ein Beispiel dafür gegeben, dass ein derartiges Unterrichtswesen auch dem Verständnis Nichtgebildeter nahe gebracht werden konnte. Ebeling lobte eben diesen Vorsatz. Ferner trete ich auch dem Vorschlage meines Herrn Collegen bei, dass eigene Vorlesungen über die Hamburgische Geschichte und Verfassung dem von ihm bezeichneten Manne, der sich schon in diesem Fache besonders kundig gezeigt hatte, aufgetragen werden möchten. – Unter der Federführung Benekes wurde am 27. Oktober 1803 von der Gesellschaft in einer feierlichen Versammlung beschlossen: Es sollen unter Aufsicht und Mitwirkung der Gesellschaft eine vollständige Hamburgische Staatslehre und ein Auszug davon zum Schulgebrauch nach dem dabei zu Grunde liegenden Plan vom 31. Dezember 1801 abgefasst werden, wozu die Gesellschaft den vorgeschlagenen Weg eigener gemeinschaftlicher Arbeiten von Mitgliedern und andern hiezu einzuladenden Mitbürgern, dem, mit mehreren Bedenklichkeiten verknüpften von auszusetzenden Preisaufgaben vorzieht, und den am 31.Dez. 1801 gefassten Beschluss, wegen der Preisaufgabe und des Programms, hiermit zurücknimmt. Zu Mitgliedern des Ausschusses dafür werden ernannt die Herren Senator Abendroth, Senator Schütze, Dr. Hasche, Johann Friedrich Voigt und Dr. Beneke, und dem Letzteren die Geschäfte eines Dirigenten desselben übertragen.

Der von öffentlichen Aufgaben überlastete Abendrotherklärte, er könne keine derartige Mitgliedschaft übernehmen. Schütz gab ungünstige zeitliche Bedingungen vor. Die übrigen drei meinten, man dürfe angesichts von Staatsdingen nicht resignieren. Aber nichts geschah, abgesehen davon, dass ein Manuskript Benekes dabei herauskam, das die Kapitelüberschriften festhielt und ziemlich wissenschaftlich angelegt ist, woran jener Mann als einziger sich erfreute.

4.

Gründet sich des Herrn Syndici Detenhoff Widerlegung der Nachricht an das Hamburgische Publicum über den wahren Verlauf einer Bausache wirklich auf Rechte und Gesetze? Und worin bestehen die Befugnisse der Kirchspielherren in Bausachen. Beantwortet von Dr. Abendroth. Hamburg 1794.

5.

Axen in einem Brief an Abendroth (Altona, 16.Januar 1814): ---

was Sie mir bei Ihrer Rathswahl sagten - n i e s o l l H a m b u r g d i e s e W a h l

g e r e u e n. Vgl. unten Kap. IV, Anm. 50.

6.

(Hamburg, am 27. Februar 1809) -

In dem Augenblick, in dem Sie zu anderen Funktionen berufen werden, mache ich es mir zur Pflicht, Ihnen erneut meine Gefühle von Hochachtung und Wertschätzung zu versichern, die sie mir verschafft haben während der Zeit, in der ich Sie das Amt des Prätors habe ausüben sehen. Die Art und Weise, in der die Polizei dieser Stadt verwaltet worden ist, macht Ihnen die größte Ehre, und alle Ihre Mitbürger schulden Ihnen Dank für die Sorge, die Sie beständig allem, was die öffentliche Ordnung anging, entgegengebracht haben. Ich bedanke mich selber dafür, was den Dienst für seine Majestät den Kaiser und König betrifft, und ich wiederhole Ihnen mit Vergnügen den Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung. – J. Bernadotte.

7.

Vom Beginn des Jahres 1803 bis zum Monat März 1809 wurden als Wegzoll 301 911 Mark bezahlt und einhundertneunzig Tausend Mark Schulden gemacht. (Aus unveröffentlichten Berichten, die Wächter aus Ritzebüttel dank der sehr freundschaftlichen Vermittlung von Kerner mir verbindlichst mitgeteilt hat.)

8.

Lebensbilder aus dem Befreiungskriege I, 68. „In den ersten Julitagen ging Herr von Wersebe mit 15 000 Mark Banco, einem Credit von £ 5 000 für den ersten Anfang und einer Ladung Gewehre die Weser hinauf, von Hake ging mit Geld, Kleidung und Munition auf Ritzebüttel. Münsters treuer, auch von Canning wohlbetrauter Edward Nicolas hielt auf Helgoland noch mehr bereit. -- Norderney sollte eine waffenreiche Filiale Helgolands sein, als auf einmal die Richtung auf Holland, gegen den heftigsten Widerspruch des Herzogs von York, Cannings und Münsters, von Castlereaghs eiserner Stirn durchgesetzt wurde, und Münster nur eiligst den bestimmtesten Gegenbefehl schickte, um zweckloses Unglück zu verhindern.“ Vgl. Abendroths Anmerkungen zu Poels Geschichte des Jahres 1813 in Hamburg (Manuskript Nr. 75, Commerzbibliothek Hamburg): „ Im Jahre 1809 war Alles zu einem allgemeinen Aufstande präparirt, die Waffen waren im Lande, die Officiere ernannt, kurz die ganze Bewaffnung organisirt, um unter dem Schutze der Armee und Flotte unter Lord Chatham eine grosse Diversion zu machen. Kurz vor dem angesetzten Termin des Ausbruches ward die Nachricht des Waffenstillstandes bekannt, und es kam, da England seine getreuen Unterthanen nicht umsonst exponiren wollte, plötzlich Contreordre. Die Gewehre wurden in den Flüssen versenkt, wo man sie noch finden würde, wenn man die Flüsse ablassen könnte. Die so unglücklich durchgeführte Expedition auf Walcheren ward wahrscheinlich erst jetzt beschlossen.“ In den Befehlen, die von Chatham am 16.Juli gegeben wurden, findet man folgendes: Diese damit verbundene Expedition hat die Eroberung oder Zerstörung der Schiffe des Feindes zum Ziel , seien sie in Konstruktion oder zu Wasser in Antwerpen oder Flushing oder auf der Schelde, ferner die Zerstörung des Arsenals und der Dockanlagen von Antwerpen, Terneuse und Flushing, sodann die Verkleinerung der Insel Walcheren und Vorrichtungen auf der Schelde, damit, wenn möglich, sie nicht länger für Kriegsschiffe befahrbar wäre. Der am 12. Juli vom Erzherzog Karl vorgeschlagene Waffenstillstand wurde am 18. vom Kaiser bestätigt. Über die Gründe der verzögerten Expedition vgl. Alison, History of Europe VII, S. 266-275.

9.

Wer kennt nicht die Bemühungen von Schill, Doerenberg und Catt - Lebensbilder, 1, 65:

Ueberall glimmte es unter der Asche. Gespenstische Hoffnungen zogen durch die Köpfe und Herzen des Volkes. Viele kühne Männer unternahmen Kluges und Grosses, aber in thörichter Art. Man könnte sagen, die Angelegenheit sei mit dem Mut eines Mannes, aber mit dem Verstand eines Kindes durchgeführt (Cicero, Briefe an Atticus XIV. 21. 3).

10.

Vgl. Anm. Abendroths zu Poel am zitierten Ort: Die Weisheit des englischen Gouvernements zeigte sich auch hier mit väterlicher Güte. Es sparte die Kräfte seiner Unterthanen bis zum Moment des Gelingens und brachte sie so allmälig zu ihrem Glück hinüber.

11.

In einem feierlichen Brief an Abendroth vom 17. August 1810: „Wenn wir gleich die viele Mühe und Aufopferungen, die Sie und Ihre Familie durch und während des Aufenthalts des Königs von Westphalen gehabt haben, bedauern, so ist es uns doch äusserst angenehm gewesen, zu erfahren, mit welcher zuvorkommenden Höflichkeit und mit welcher Würde und Anstand Sie sich bei dieser für Sie so lästigen Sache benommen haben, und wir sagen Ihnen dafür unseren verbindlichsten Dank. --- Ew. Edlen, Vesten, Hochgelahrten und Wohlweisen - freundwillige Bürgermeister und Rath der freien Hansestadt Hamburg.“

12.

Chaban in einem Schreiben an Montalivet im Anblick der Hamburger Angelegenheiten: „Abendroth, ehemaliger Senator; Familienvater, wenig vermögend; mit Charakter; von großem Ansehen; er hat sich ausgezeichnet in den Funktionen eines Prätors, worin er die Wertschätzung aller Klassen der Bürger erworben hat; er hat, seit der Vereinigung, wichtige Funktionen in Cuxhaven und Ritzebüttel erfüllt, dessen Gouverneur er als Senator war. Er ist hier der einzige, der befähigt ist, Bürgermeister zu sein; aber es würde notwendig sein, dass Ihre Majestät gestattete, dass er ein Gehalt aus den städtischen Fonds erhielte.“

13.

Chaban in einem Brief an Davout am 20.4.1811. Ich muss Ihre Hoheit über den zu langen Aufenthalt der Deputierten der Hanseatischen Städte in Paris informieren. Es wäre wünschenswert, dass seine Majestät der Kaiser ihnen den Befehl gebe, nach Hause zurückzukehren. Ihre Rückkehr würde trügerische Hoffnungen schwinden lassen, die man hier zu nähren sucht und von denen ich mir nicht ausreden lassen kann, dass sie der Situation nicht entsprechen (sic). Die Isolation, in der ein jeder sich befindet, die Wirkungslosigkeit, die man bei jedem Schritt antrifft, alles zwingt mich zu glauben, das ihre Entfernung aus Paris unabdingbar notwenig ist und die Auswahl der Funktionäre, welche die Kommission wird präsentieren müssen, leichter machen würde. Viele Funktionäre halten sich abseits, indem sie damit warten, sich zu erklären, wollen den Grad der Vertrauenswürdigkeit erfahren, die man den ständig mit Geheimnistuerei verbreiteten Nachrichten schenken darf, die die Deputierten abschicken, und ob der Einfluss begründet ist, von denen einige Individuen sich den Scherz machen zu verbreiten, sie hätten einen. Sie zurückkehren zu sehen und vor allen, wenn man sie überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt, würde ein sicheres Mittel sein, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. --- Ich öffne meinen Brief, Monseigneur, um die Notiz hinzuzufügen, von der Sie die Güte hatten, sie mir mitzuteilen. Ich beharre auf meiner Meinung; es wäre m.E. politisch unklug, wenn Seine Majestät geneigt wäre, Titel und Kreuze, die seine Exzellenz, der Innenminister, vorschlägt, zu verleihen. Seine Majestät könnte sich darauf

beschränken, Herrn Doorman das Kreuz zu verleihen, der die meisten Titel innehat als ehemaliger Deputierter der Hansestädte, der bei Seiner Majestät akkreditiert ist. Der Graf von Montalivet spricht nur von den geistigen Qualitäten, den Fähigkeiten in Bezug auf Handel und Finanzen; er behandelt kaum den politischen Charakter eines jeden dieser Herren, und das ist das einzige, was ihnen Recht auf das Wohlwollen Ihrer Majestät gäbe. In dieser Beziehung verdient es noch keiner, und es ist von keinem Nutzen, es irgendeinem zu gewähren, ich werde sogar hinzufügen, dass es dem Geist der Öffentlichkeit gegenüber schädlich wäre. … Davout an Chaban am 6.Mai 1811. Ich habe gestern ihren Brief durch Kurier an den Innenminister absenden lassen; ich schreibe heute dem Kaiser über dieselbe Sache. Wir müssten uns mit den endgültigen Auswahlentscheiden beschäftigen, die wir Lübeck vorschlagen. Ich denke auch, dass es gut wäre, dem Innenminister eine spezielle Anfrage für jeden der Bürgermeister zu schicken, die wir für Hamburg und Bremen vorschlagen. Sie kündigen dem Minister an, dass wir am 20. die Personen abreisen lassen werden, die man für ihn designiert, aber das würde zu spät sein; sie würden niemals in Paris ihre Dispositionen treffen können. Je denke, dass man sie spätestens am 10. oder 12. fahren lassen müsste mit einer Instruktion, die Sie ihnen zukommen lassen würden. … Wenn Sie dem Präfekten der Wesermündung eine Weisung für den Bürgermeister und die Mitglieder des Munizipalrates zuschicken, sagen sie ihm, dass er ihnen die Leviten lesen soll in dem Sinn, in dem sie mich Herrn B. gegenüber haben reden hören. Er kann sie nicht zu viel davor warnen, dem schlechten Einfluss der Pariser Deputierten zu entkommen, und besonders dem von Senator Smidt. – Hochachtungsvoll – Marchall Herzog von Auerstädt, Prinz von Eckmühl.

14.

Paris, 18. Juni 1811. Der Innenminister an den Herrn Bürgermeister der Stadt Hamburg. – Ich beeile mich, sie, Herr Bürgermeister, davon zu informieren, dass seine Majestät morgen die Deputationen der guten Städte zu empfangen geneigt sein wird, am 9. Juni um 11 Uhr morgens im Palast der Tuilerien. Würden sie bitte sofort die Mitglieder der Deputation, die sie begleiten, davon unterrichten. Die Deputationen werden im Saal der Marschälle Aufstellung nehmen, indem sie der alphabetischen Anordnung der Städte folgen; so reihen sie sich zwischen den Städten Grenoble und La Rochelle ein. Ich habe den Dienst habenden Kammerherrn über die Absichten Seiner Majestät im Voraus informiert; ich werde mich im demselben Saal befinden, um die Aufmerksamkeit des Kaisers auf sie zu lenken. – Es ist ein gedruckter Katalog überliefert, der von der Hand Montalivets bestätigt ist („begutachtet wie verabredet“), in dem die Gesandten von 50 Städten genannt werden. Man beachte die sonderbare Beflissenheit des Franzosen bei der Notierung der Namen: Hambourg. Oebenroth. Bartels. Knorre.

15.

Abendroth in einem Brief an den Präfekten vom 10. Juni 1811: „Seine Majestät hat uns in den Tuilerien am Sonntag um 11 Uhr nach der Messe zu sehen geruht; es war dort eine so große Menschenmenge, dass es unmöglich war lange von der kostbaren Gegenwart Seiner Majestät zu profitieren.„ An Davout am 19. Juni: „Aber die Riesenmenge von fast 1200 Männern, die in den Räumen Seiner Majestät versammelt waren, hat uns nicht die günstige Gelegenheit gegeben, Ihrer Majestät unsere Dankbarkeit zu bezeugen.“

16.

Der Innenminister an den Herrn Bürgermeister der Stadt Hamburg. Paris, den 22. Juni 1811. Ich habe, werter Herr, Anlass zu glauben, dass Ihre Majestät, die Kaiserin, morgen in Saint-Cloud die Huldigung der guten Städte entgegen zu nehmen geruhen wird. Nach der Teilnahme an der Messe in der Galerie und nach dem Durchzug Ihrer Majestät, der Kaiserin, werden sie sich folglich mit ihren Mitdeputierten in die Gemächer Ihrer Majestät der Kaiserin begeben. Ich denke, dass es gut wäre, wenn sie ihre Uniform trügen. Am Abend können sie in städtischer Kleidung auftreten.“

17.

In einem Brief an Montalivet von 22.Juni: - Wir sind überzeugt davon, dass wir die Intentionen Seiner Majestät, unseres erhabenen Meisters, und diejenigen Ihrer Excellenz erfüllen, wenn wir zu unseren Funktionen zurückkehren und wenn wir uns nicht in die Verzückungen der Hauptstadt hineinziehen lassen, unseren Aufenthalt zu verlängern.

18.

An Chaban, Paris, den 25. Juni 1811. Gemäß den Anordnungen seiner Excellenz, des Herrn Innenministers, habe ich die Ehre, Ihnen die Arbeit über die Bürgermeisterämter zukommen zu lassen …( Er fügt sodann Merkmale der alten staatlichen Ordnung ein): die alten Verfahren, , sollen nach dem Dekret Seiner Majestät in Maßen berücksichtigt werden, wenn es keinen Nachteil gibt … Übrigens, da die drei vorherigen Hansestädte nicht den am wenigsten interessanten Teil der drei Départements ausmachen und da Seine Majestät es für nötig erachtet hat, diese Départements zu vereinen, um in den Besitz dieser drei Städte zu kommen, hoffe ich, dass die Konferenzen, die stattfinden müssen, nicht nur die Provinzen betreffen, zumal es von größtem Interesse für mich sein würde, im gegenteiligen Falle daran Teil zu nehmen. Die Herren Deputierten der Départements kennen nur sehr wenig die Interessen der Städte, und es wäre wenigstens der Mühe wert, die Deputierten der Städte zu hören, selbst wenn man ihrer Meinung nicht zustimmen sollte.

19.

An Chaban, Paris, den 6.Juni 1811.. Bei der Abreise von Hamburg haben Eure Exzellenz mir sehr entgegenkommend … den Vorschlag meines Nachfolgers in Ritzebüttel zugebilligt. Wegen ihrer Loyalität und ihrer Zuneigung sind mir die Einwohner Ritzebüttel unendlich teuer. Sie verdienen den Schutz des Regierungschefs in jeder Hinsicht. Sogar bei der Aushebung für den Dienst in der Marine haben sie sich in einzigartiger Weise hervorgetan. Es ist von meiner Seite her eine absolute Pflicht, alles für sie zu tun, was in meiner Macht steht. – Das einzige Mittel, ihr Schicksal zu sichern, ist, ihnen einen respektablen Amtmann zu verschaffen, der zugleich als Bürgermeister respektiert wird. Erlauben Sie mir, ihnen als Bürgermeister den Herrn Arzt Neumeister vorzuschlagen. Seit 36 Jahren ist er in Ritzebüttel ansässig, er kennt alles Einwohner des Städtchens und der Nachbarschaft, er ist wegen seines Charakters und seiner Studien von hohem Ansehen, von jedermann geliebt und wird die Interessen der Regierung mit denen der Einwohner zu vereinen wissen etc.

20.

An denselben, Paris, den 28.Juni 1811. Die Einwohner der vereinigten Provinzen sind teilweise 16 Meilen von den Gerichten der ersten Instanz entfernt. Wenn man ihnen befiehlt, sich dorthin zu begeben, bedeutet dies fast, ihnen Gerechtigkeit zu verweigern… Die Vermehrung der Gerichte ist unmöglich, weil das verarmte Land nicht im Stande ist, die Kosten zu tragen. Aber mir scheint, dass es ein viel einfacheres Mittel gibt – nämlich die Friedensrichter zu bevollmächtigen, alle Angelegenheiten der ersten Instanz zu entscheiden. – (Er schweift dann ab und erfreut sich an dem Gegenstand, indem er sich über eine freundschaftliche Beilegung von Streitfällen auslässt.) Wenn also der Magistrat geliebt wird, wenn er geschätzt wird, wenn er sich Mühe gibt, kann er sich schmeicheln, fast immer erfolgreich zu sein. Während der zwei Jahre, die ich in Cuxhaven und Ritzebüttel war, hatte ich das große Vergnügen, dass man bei keinem meiner Urteile in Berufung gegangen ist.

21.

Die jüngste Geisteshaltung, wie sie bei den führenden Männern vorherrschte, drückt der Bremer Gesandte in einem Brief aus Frankfurt an Moenus vom 11.Dezember 1813 aus: „Hamburgs heroisches Benehmen weckt überall die grösste Achtung und Bewunderung, so dass man in Gegenwart eines Hamburgers beinahe sich schämen zu mögen versucht wird.“

22.

Als über die Wiederherstellung der Städte verhandelt wurde, erbaten beherzte Männer überdies eine klägliche Wohltat, weil sie vorhersahen und verhüten wollten, dass sie nicht in den Schatten gedrängt und unter Vormundschaft in fremden Diensten zu stehen schienen. Smidt in einem Brief an den Bremer Senat, aufgegeben in Frankfurt am 12. Dezember 1813: „ Wir wollen suchen eine Versicherung darüber zu erhalten, dass auch durch die veränderten Militairverhältnisse, da die Neutralität factisch aufgegeben, kein nachtheiliges Schutzverhältnis etablirt werden möge.“ Am selben Tag ist Stein eine feierlich Schrift überreicht worden, die von der Bremer Gesandtschaft im Verein mit den Hamburger Bürgern F r i e d r i c h P e r t h e s und C a r l S i e v e k i n g unterzeichnet war, in der man folgendes liest:

„Der Ruf der Ehre fordert die Städte in diesem Augenblick auf, dies Neutralitätsverhältnis, das einer schlafferen Zeit angehörte, durch die That aufzugeben, nicht blos ihr Gut, sondern auch ihr Blut dem gemeinsamen Vaterlande zu opfern - - - in der festen Zuversicht, die hohen Verbündeten werden Sorge tragen, ihnen das unschätzbare Gut der Selbständigkeit - - - auch in der Entwicklung neuer politischer und militairischer Combinationen unbeeinträchtigt zu erhalten.“ Auch Abendroth beauftragt Gries folgendes zu sagen: „Ich stimme auch mit Senator Smidt überein, dass von dieser Neutralität jetzt nicht die Rede sein kann.“ (Instruction für Herrn Syndicus Gries im Hauptquartier. Art. XVIII) Febr. 1814. – Es ist über diese Angelegenheit ein Zitat Metternichs in der Perthes-Biographie erhalten. (Friedrich Perthes’ Leben, von Clemens Th. Perthes, Hamb. 1848. 1, 330.)

23.

Wie schwierig es für denjenigen ist, der diese Dinge erörtert, keine Satire zu schreiben, geht aus dem hervorragenden Kommentar hervor: „Wie ein Hamburgischer Mann denken soll.“ – Niederelbischer Mercur 1, 169. (Hamb. 1815)

24.

„Eine ganz andere Sache ist es, wenn ein ganzes Volk sich erhebt. Hier ist das Gelingen möglich. Die isolirte Erhebung einer einzelnen Stadt kann ihr einen Namen in der Geschichte geben, aber nie gelingen.“ Abendroth in Notizen zu Poels Schrift.

25.

„Wo das Glück von 100,000 Menschen auf dem Spiele steht, muss man nicht leichtsinnig handeln. Man hätte sich ebenso benehmen sollen, wie 1809 das grossbritannische Gouvernement. - - - Der bessere Moment hätte ruhig erwartet werden können. Ebda.

26.

Wünsche bei Hamburgs Wiedergeburt (Kieler Ausgabe vom Februar 1814) S. 19: „ihre Namen sollen uns und unseren Nachkommen in dankbarem Herzen stets heilig sein.“ – Vgl. S. 137: „ Unser Alles aufopferndes Hervortreten für die grosse Sache, was für das Ganze nicht ohne bedeutende Folgen geblieben ist.“ S. 180: „Haben unsre Bürger, in ihrem Enthusiasmus, nicht die kühnste Erwartung übertroffen? - - - Hat das Beispiel Hamburgs nicht grossen Einfluss auf die Erhebung Deutschlands gehabt?“

27.

Mittwoch, den 17. März 1813 um 11 Uhr dreißig abends. Zugegen: der Herr Bürgermeister, die Herren Godeffroy, Menard, Albers, Keetmann, Luis, Reimarus, Rücker, Hertz, Bartels, Gries, Knorre, Doormann, Moller, von Hosstrup, Gossler, Schwartz, Prösch, Rücker, von den Steenhoff, Martens, P. Rücker und Doktor Rentzel. - - - - - Die Stadt, die das unausweichliche Schicksal vor sich sah, besetzt und behandelt zu werden wie eine eroberte französische Munizipalstadt unter Androhung der Verhaftung aller Autoritäten, die sich in amtlicher Funktion befinden würden; der Munizipalrat, der nach dem Weggang der zivilen und militärischen Autoritäten und seit dem völligen Abzug aus der Stadt sich unter der Leitung des Bürgermeisters damit beauftragt war, für das Wohlergehen aller Bürger zu sorgen, und der keine andere Entscheidung treffen kann, ohne deren Leben, Sicherheit und Eigentum aufs Spiel zu setzen, - gibt folgenden Entschluss bekannt: - dass die Verwaltung erneut provisorisch in die Hände des vorigen Senats gelegt werden soll, dass zwei Abgeordnete sich unverzüglich zum vorigen dienstältesten Bürgermeister begeben sollten, um ihn über die Notfall zu unterrichten, in dem sich die Stadt gegenwärtig befinde, nämlich den dringenden Erfordernissen nachzugeben, die durch Waffengewalt unterstützt würden, und ihn zu bitten, noch in der selben Nacht den alten Senat zusammenzurufen, um eine Deputation dem kommandierenden General der russischen Truppen entgegen zu senden, der keine der aktuellen Autoritäten anerkennen noch mit ihnen verhandeln will, damit sie ihm auf die dringendste Weise das Wohl unserer Stadt ans Herz lege und ihm mitteile, dass der Munizipalrat nach diesem Schritte, zu dem dringende Umstände ihn gezwungen hätten, sich währenddessen für aufgelöst betrachte.

28.

Es sind sieben Briefe erhalten, die Montalivet im März an Abendroth schieb, die er fast alle (offenbar ungeduldig im Hinblick auf möglichen Verzug bei einer so wichtigen politischen Angelegenheit) einzelnen Kurieren zur Überbringung anvertraute. –

Paris, 2. März 1813. Ich erhalte gerade, Herr Bürgermeister, den Brief, von dem ich die Ehre habe, dass sie ihn mir am 25. des letzten Februar geschrieben haben und in dem sie mich über den Aufruhr informieren, der am Vorabend in Hamburg ausgebrochen war. Nach den Details, in die sie geschildert haben, kann ich ihr an den Tag gelegtes Verhalten nur billigen. Ich empfehle ihnen eine große Standfestigkeit; ich kann von ihrer Seite her darauf bauen, ich weiß es etc. –

Paris, 19. März 1813. Ich habe - - die Briefe, mit denen sie mich am 4. und 12. des Monats beehrten, erhalten, in denen sie mir Rechenschaft ablegen über die Situation in der Stadt Hamburg in bezug auf Ruhe und positive Einstellung, die ihre Bewohner beseelt. Sie kündigen mir an, dass der Abzug der Truppen am 12. morgens stattfand und dass die Posten sofort von den Bürgern besetzt worden seien. Ich danke ihnen für diese Details. Ich rechne unter diesen Umständen mit ihren guten Intentionen etc. – Paris, den 19. März (von der Hand Montalivets selbst). Herr Baron von Breteuil, der zum Prefekten von Hamburg ernannt worden ist, wird die Zügel der Verwaltung des Elbdépartements übernehmen; verlieren sie nicht aus dem Auge, dass gerade in diesen Krisenmomenten die Magistrate ihre ganze Charakterfestigkeit beweisen müssen; ich habe niemals mich davor gefürchtet, ihrer Majestät in allen Epochen zu versichern, dass er in ihnen einen treuen Diener hatte; sie werden es beweisen, daran zweifle ich nicht; sie werden ihre Stadt in Gehorsam zu halten wissen, alle Funktionäre, die ihren Posten verlassen haben, wieder zurückkehren lassen, die Bezahlung der Besteuerungen fortsetzen lassen sowie alle Gesetze aufrecht erhalten, sonst, ich warne sie, würden die Stadt und ihre Magistrate dafür verantwortlich gemacht werden. Ich erneuere ihnen etc. – Paris, den 19. März 1813. Ich habe das große Vergnügen, Herr Bürgermeister, ihnen anzukündigen, dass ihre Majestät die Funktionen des Bürgermeisters und diejenigen eines Mitglieds im gesetzgebenden Körper nicht für unvereinbar angesehen hat. Der Senat darf sich also keineswegs damit befassen, für sie einen Nachfolger im gesetzgebenden Körper aufzustellen und ich beglückwünsche mich deswegen sehr; sie werden in der ersten Sitzung unter den Mitgliedern dieses Körpers tagen und sie werden dennoch die Zügel der Hamburger Verwaltung in den Händen behalten.

- Auf dies folgen drei Briefe, die ganz von der Hand Montalivets geschrieben sind. -

Paris, 20. März 1813. Ich erhalte gerade, Herr Bürgermeister, ihren Brief vom 15. – Er zeigt mir, dass ihre Beflissenheit für den Dienst ihrer Majestät und für das Wohl ihrer Stadt die selbe bleibt, wenn ihr Eifer daran interessiert ist, ihm nicht zu missfallen: ich beglückwünsche sie deshalb, fahren sie fort, mir jeden Tag zu schreiben und nichts zu unterlassen, dass die wenigen schwierigen Tage, die sie noch durchstehen müssen, ohne Ausbrüche und ohne schwere Fehler von Seiten ihrer Mitbürger zu Ende gehen. Erhalten sie die erneute Versicherung meiner Zuneigung und meiner Wertschätzung. – Paris, 22. März 1813. Ich habe, Herr Bürgermeister, seit dem 15. keinen Brief mehr von ihnen erhalten, ich hoffe, heute oder morgen einen zu bekommen. Der Hauptort ihrer militärischen Abteilung wird provisorisch nach Bremen verlegt als zentral gelegenerer Punkt, General Vandamme, Kommandant der Divisionen Dumonceau und Dufour, rückt mit 30 000 Mann auf Hamburg vor, die schon von Wesel aus unterwegs sind. Ich kann ihnen nur die Anordnung wiederholen, die ich ihnen hinsichtlich der Einhaltung der Gesetze und der Einnahme der Kontributionen gegeben haben. – 27.März. Ich empfing, Herr Bürgermeister, ihren Brief vom 18. Sie werden mir den gefallen tun, auf dem selben Weg so oft wie möglich zu schreiben und mich auf dem Laufenden der Ereignisse zu halten. Ihre Stadt hat nicht den Mut gehabt, sich als eine französische zu zeigen, ich bedaure sie. Die Angst ist oft ein schlechter Ratgeber.

- Die nächsten Briefe Montalivets sind Abendroth nach seiner Rückkehr in die Stadt zugestellt worden. -

Paris, 26. August 1813. Ich habe, mein Herr, den Brief, den sie mir am 29 Juli geschrieben haben, erhalten, in dem sie mir einige Details über die Situation Hamburgs bei ihrer Rückkehr in diese Stadt mitteilen.

29.

Der hochangesehene M. J. Jenisch trägt in einem Brief an Abendroth vom 24.März 1813 aus Paris einzelne Äußerungen vor, in denen der Kaiser, umringt vom Kreis der ihn Begrüßenden, auf gewohnte Weise aufnahm, was jener Mann, der nicht wenig um seine Vaterstadt besorgt war, vorgetragen hatte, um dessen Gunst zu erwerben: - Er antwortete unter Andrem besonders: vorausgesetzt, dass man sich gut benimmt. ---

In Rücksicht der Stadt äusserte der Kaiser unter Andrem noch die Worte: ich werde sie nicht loslassen, und in Rücksicht Ihrer hatte ich die Freude zu hören: ich bin mit dem Bürgermeister zufrieden. Die Unterhaltung währte ziemlich lange, im Ganzen war der Kaiser wohlwollend, und nahm gütig auf, was ich ihm mit einiger Wärme zu sagen nicht unterlassen konnte. --- Ich meinerseits werde fortfahren bei allen hiesigen Behörden zu wirken, so gut ich kann, und die gute Stimmung zu erhalten suchen. Manche Nacht vergeht mir jetzt schlaflos, aber wie wäre es einem Hamburger anders möglich. Dem Minister haben ihre Briefe gefallen.

30.

Ein Zeugnis von Mettlerkamp, das für alle steht, soll der Leser zur Kenntnis nehmen.

(Ueber Hamburgs Vertheidigung im Frühjahr 1813, S. 35): - Unter Besorgnissen mancher Art kam der Tag heran, an welchem die Franzosen glaubten, ein Beispiel der Rache, durch das Erschiessen von sechs Unglücklichen, dem Volke geben zu müssen. - - - Sehr würdig und edel benahm sich der Maire, Herr Abendroth. Von natürlichem Gefühl für sein Volk erwärmt, erklärte er, ohne Furcht und Scheu, den Franzosen, dass er ferner nicht die Volksrache im Zaume halten würde, wenn es ihnen gelüsten sollte, mehr ähnliche Auftritte zu veranstalten.

31.

Öffentliche Bekanntmachung:

E. Hochedler Rath hat mit dem höchsten Unwillen erfahren, dass seit einiger zeit hieselbst mehrere boshafte Pasquille gegen den Herrn Senator Abendroth erschienen sind, und dass namentlich am gestrigen Tage an der hiesigen Börse eine dergleichen Schandschrift in mehreren geschriebenen Exemplaren ausgestreuet worden. Wenn gleich solche Verlästerungen von dem rechtlichen Theile des Publicums nicht anders, als mit Indignation und Verachtung gegen die Urheber derselben angesehen werden können: so hält E. H. Rath es dennoch für Pflicht, hiemit öffentlich seine vollkommenste Überzeugung von den großen Verdiensten zu erklären, welche sich der Herr Senator Abendroth um das hiesige Publicum durch die rastlosen und patriotischen Anstrengungen erworben, denen sich derselbe in den von ihm geführten vielfältigen mühsamen öffentlichen Geschäften hiesiger Stadt mit dem redlichsten Eifer unterzogen hat, so wie auch, dass derselbe E. H. Raths völliges Vertrauen geniesse. --- Beschlossen im Hamburger Senat am 25. Mai 1813. ((Priv. W. G. Nachrichten 26.Mai 1813): - Man möge ihn selber in einer an Poel geschriebenen Notiz hören: „In der Zeit galt alle vernünftige Ueberlegung für Anhänglichkeit an Frankreich. – Ich leugne es nicht, ich habe nie eine unangenehmere Empfindung gehabt, als die, wie ich, der ich mich während der Vereinigung nicht zurückzog, sondern unausgesetzt für das Beste der Bürger wachte und sorgte, der ihnen Manches verschaffte und Vieles abwendete, was niemand wusste, von Einigen verlästert und verkannt wurde. Wenn die Besseren es auch wussten, was ich gethan, so war dies Lästern höchst schmerzhaft. --- Wenn man nur das Gute im Auge hat, so sehn dies alle Parteien endlich ein.“

32.

Der Ausgang dieses Trauerspiels war lange vorauszusehen. Ich habe immer diesen Kummer im Herzen getragen; allein desswegen war ich es doch, der immer allen Behörden Muth einzuflössen suchte, damit, wenn un ein Deus ex machina erschienen wäre, wir selbst nicht die Sache hingeopfert hätten (Anmerkung Abendroths zur Schrift Poels).

33.

An Montalivet (im oben zitierten Brief vom 10. Juni aus Doberan) Gerade der Marchall, Prinz von Eckmühl, hat sich offen gegen mich in Hamburg und Nienburg ausgesprochen. – Der Prinz hat mehrfach gesagt, dass vor allem ich eines der Opfer dieser unglücklichen Erhebung sein müsste. Ich konnte also nur darauf warten (sic), von einer Militärkommission verurteilt zu werden. Da aber die Militärkommissionen in einiger Hinsicht souverän sind, konnte ich mich nicht dem Zufall ihres Urteils aussetzen, als ich die Art gesehen hatte, wie man die Angelegenheiten in den Tagen behandelte, die dem 24. Februar folgten, wo die damalige ernannte Kommission den Prozess gegen sechs Personen in weniger als zwei Stunden einberufen, verteidigt, verurteilt und exekutiert hat. Ich hielt es deshalb für notwendig, mich für einige Zeit zu entfernen und dem Prinzen zu schreiben, indem ich ihm die Motive meiner Abwesenheit darlegte und dass ich nichts als Gerechtigkeit forderte. Ohne meinen Brief gelesen zu haben, äußerte sich der Prinz schon über mein Schicksal mit folgenden Worten: er ist abwesend, also ist er schuldig. Später, als einen meiner Briefe gelesen hatte, übergab der Prinz ihn d u r c h g e r i s s e n an Herrn von Chapeaurouge, um damit zu zeigen, welchen Fall er daraus machte. – Hier nun die Antwort Davouts, die, wenn ich nicht irre, durch Vermittlung Chabans zugestellt wurde: An Herrn Abendroth antworten: dass das Ende seines Briefes unverständlich ist und dass er nicht in einem feindlichen Land hätte geschrieben werden dürfen; alle diejenigen, die dort war, unter anderen die Herren Schulte und Koch, sind von dorther zurückgekehrt; er hat dieselbe Möglichkeit. Dass ich ihn schließlich nur anhören werde, wenn er sich nach Holstein begeben hat und wenn er bis zum 14, Juli sich nicht dorthin begeben und mir dafür keinen Nachweis erbracht hat, dass er endgültig auf die Liste der Abtrünnigen gesetzt werden wird und dass ich dann einen besonderen Bericht an den Kaiser senden würde. Wenn er in Holstein ist, werde ich mir seine Gründe anhören, wenn sie mir plausibel erscheinen sollten, werde ich die Milde des Kaisers erwirken; sollten sie mir nicht hinreichend erscheinen, wird er davon unterrichtet und wird sich dahin zurückziehen können, wo er will. Ein Mann, der Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft gewesen ist, der seinen Amtseid als Maire abgelegt hat, braucht die ganze Nachsicht seines Souverän.

34.

Was erhalten ist, erzählt er in eigenen Worten (in den Notizen zu Schrift an Poel): Ich ging weg, wie ich es wusste, dass Alles verloren war, mit dem Abmarsch der Schweden. Ich hätte schon früher weggehen können, allein ich blieb bis Alles verloren war. – Von Eckmühl mit der Fusillade bedroht, ging ich, da Holstein von ihm abhing, nach Mecklenburg. – Da ich in meiner Lage Nichts von meinen Sachen hatte retten können, so fing man an, meine Sachen zu versiegeln. Ich schrieb also an Eckmühl, dass, da ich jetzt verhindert werde zurückzukommen, ich bäte, jetzt nicht auf die Liste der Verbannten gesetzt zu werden. Der Prinz liess mir antworten, ich möge mich nach Holstein begeben, die Gründe meiner Abwesenheit angeben, dann wolle er, wenn sie ihm valabel erschienen, einen Bericht an den Kaiser machen, wenn sie ihm nicht triftig schienen, so solle ich dann prävenirt werde, um hingehen zu können, wohin ich wolle. Ich ging nach Kiel, meldete dem Prinzen bloss meine Ankunft, schrieb aber an Chaban, dass, wenn der Prinz etwa das mir angethane Unrecht gut zu machen, mir die Mairestelle wieder geben wolle, ich dann lieber auf die Emigrantenliste wolle. Ich erhielt die Antwort, dass ich ganz ruhig zurückkehren könne. Ich kam nach Hamburg, sah das grosse Elend, sprach darüber mit den Behörden. Die nach Dresden abgesandten Deputirten waren unverrichteter Sache zurückgekommen. Ich machte mir Hoffnung in Paris Etwas ausrichten zu können. Ich wollte meinen Sohn in Brest sehen, und fasste also den Entschluss, dahin zu gehen. Die französische Behörde machte mir Hoffnung zum Gelingen. Ich reiste ab, übergab dem Minister eine Vorstellung, ganz so abgefasst wie die Lage der Stadt es forderte, wie sie von einem Mann, der lebendigen Eifer für das Wohl seiner Mitbürger hatte, zu erwarten war. Die Lage des Kaisers fing an bei Dresden misslich zu werden, und so declarirte der Minister Montalivet, ein Mann, wie ich jedem Staat wünsche, mit schwerem Herzen, dass jetzt Nichts

zu hoffen sei. Ich sah meinen Sohn in Brest, und kehrte über Hamburg zu meiner Familie nach Kiel zurück.

35.

An Chaban, Kiel, den 18.Juli 1813. --- Aber ich würde Eher vorziehen, auf der Liste der Emigranten zu bleiben und mein Vermögen zu verlieren, das aus den Ersparnissen mehrerer Jahre besteht, als die Stelle des Maire wieder einzunehmen. ---

36.

Paris, den 7. September 1813. Ich habe, mein Herr, mit dem Brief, den sie mir geschrieben haben, die Denkschrift erhalten, die ihm beigefügt war über den Zustand der Stadt Hamburg. Ich danke ihnen, dass sie sie mir zugeschickt haben, ich werde die erste Gelegenheit, die mir dafür zur Verfügung steht, nutzen, ihn zu lesen. Ich versichere sie meiner Hochschätzung. – Montalivet (M. Abendroth, rue Richelieu, hôtel des Pyrénées.)

37.

Loewendal überliefert Davouts Ausspruch: Merken sie nicht, dass ich in den größten Schwierigkeiten steckte, solange die Elbe zugefroren war.

38.

Aus den unveröffentlichten Aufzeichnungen des ins Zivilleben zurückgekehrten Fürsten sind manche, die diese Sache betreffen, in Tagebücher übertragen. – Hamburger Nachrichten, 17.Februar1848.

39.

Ferdinand Beneke hatte Abendroth aus dem Gardelager selber (Pinneberg, 13. März) über die von allen Seiten verstärkten kriegerischen Rüstungen unterrichtet: Von allen Seiten her ist schweres Geschütz im Anzuge; es wird dann hoffentlich zur Beschiessung der Wälle kommen. Graf Grote, der Gesandte am russischen Hof, schrieb an Abendroth (Schwerin, 26. März 1814): bei meiner letzten Anwesenheit im Hauptquartier des Generals von Benningsen habe ich den Mangel an Belagerungsgeschütz erfahren. Die Verstaerkung, welche der General damals erwartete, ist angekommen und da auch Geschütz von Glückstadt erwartet wird, so lässt sich, wenn nicht ein Waffenstillstand die gewünschte Befreiung früher bewirkt, selbige doch in ein paar Monaten hoffen. Staecker in einem Brief aus Blankenese vom 29. März:

Es ist jetzt gewiss, dass es mit Ernst bei milderem Wetter auf Hamburg losgehen wird, der Herr Oberst, der bei Peter Godeffroy logiert, ist nach Rendsburg gegangen, um die schweren Kanonen, die dort sich befinden, auf Hamburg zu gebrauchen. Dto. an denselben (1. April 1814): Endlich wird Hamburg jetzt wohl erlöst werden, wenigstens macht man Anstalt dazu, man gräbt sich schon beim Dammthor in die Erde, auch kömmt das schwere Geschütz von Rendsburg. Auber bestätigt am 13. April, dass Bennigsen von den Dänen fünfzig Geschütze erhalten habe. Man füge das dem hinzu, was auch auf den Schiffen an Geschütz zur Verfügung stand, so konnte es sobald als möglich bei Eis losgehen. Staecker an Abendroth (Blankenese, den 15. April 1814): In diesem Augenblick segeln 7 englische Canonenbööte nebst 1 Schooner Blankenese vorbei nach Hamburg. Anfang April hatte Staecker, ein höchst engagierter Mann bei der Einrichtung von öffentlichen Nachrichtenverbindungen, das erste Postschiff nach Ritzbüttel geschickt.

40.

Wünsche bei Hamburgs Wiedergeburt im Jahre 1814. Seinen pattriotischen Bürgern gewidmet von A. Kiel, gedruckt bei C.F.Mohr.- Die erste Erwähnung dieses Buches finden wir in Briefen von Perthes an Carl Sieveking vom 21. Februar 1814 aus Kiel: Lassen sie sich von Abendroth, der’s gut mit ihnen vorhat, dessen Schrift über Hamburg geben.

41.

Ferdinand Beneke (Bergedorf, den 24. Februar 1814) schrieb Abendroth Folgendes:

„Ich danke Ihnen für Ihren gestern erhaltenen freundlichen Brief und für Ihr Buch, das ich, wie Sie leicht denken können, schon – mit grossem Interesse – gelesen habe. --- Dass dieses Buch von Ihnen sei, war mir schon früher in Lübeck als offenkundig bekannt (mir deucht das müsse auch dem vielen Guten und Nützlichen darin desto leichtern Eingang verschaffen). Ich konnte seiner aber nie habhaft werden, dessfalls war es mir zehnfach angenehm, es von Ihnen zu erhalten. Ich werde Ihre Autorschaft Keinem bestätigen. – Der sehr angesehene Otto von Axen (Altona, 18. März 1814): Ihre vortrefflichen Gedanken und Wünsche über Hamburgs künftige Lage habe ich nach Ihrer Erlaubnis Speckter und Mutzenbecher mitgetheilt, und werde sie ferner mit der grössten Vorsicht und Sicherheit für Sie einigen guten und Einfluss habenden Männern mittheilen. Ich habe Gelegenheit gehabt, darüber mit Poel zu reden – er weiss den grossen Werth derselben so wie ich zu würdigen. Ebenso (Altona, den 14. März 1814): - Ihre Wünsche und Vorschläge bei unsrem künftigen Einzug in Hamburg finden hier bei meinen Freunden (sicheren und gewählten Männern) den verdienten Beifall, Baron von Vogt sagte mir, es sei aus seinem Herzen geschrieben und er wolle jede Zeile unterzeichnen. – Friedrich Ludwig Schröder, der erste Schauspieler Deutschlands, ebenso sehr verbunden mit den hochgestellten Männern (Rellingen, den 22. Februar 1814): -

Noch hab ich Ihr Werk nicht vollendet, aber ich habe schon so Manches gefunden, was mit meinen Ideen zur Verbesserung übereinstimmt. Ich würde mit meiner Antwort gewartet haben, allein es drängt mich, Ihnen einen Gedanken mitzutheilen. Um meinen Freund zu stimmen, der nicht lieset (er meint Bennigsen) werde ich ihm kurze Auszüge über die erste Einrichtung mittheilen – diese zu unterstützen, mehr muss man nicht von ihm erwarten. Ist es aber nöthig, dass diese Vorschläge zur Verbesserung den hohen Häuptern bekannt werden? Metternich etc. sind itzt zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Mir ist aber ein Mann eingefallen, der Hamburg enthusiastisch liebt – Graf Grote. Wär es nicht gut, wenn Sie ihm ein Exemplar mit einigen Zeilen zuschickten? Er steht gut bei seinem Könige, und kann also wirken. Wollen Sie mir das Exemplar senden, so kann ich durch meinen Freund besorgen dass es sicher in seine Hände kömmt. Auch ist er mein guter alter Freund. Ebenso (Rellingen, den 16. März 1814):- Das Packet an den Grafen Grote ist bereits gestern nach Schwerin, wo sich Jener aufhält, abgegangen. Grote an Abendroth (Schwerin, den 26. März 1814): - Schon bei der ersten Durchsicht schien mir manche der von Ihnen vorgeschlagenen Verbesserungen einleuchtend und sehr wünschenswerth. Ich liebe Hamburg und also ist es erfreulich für mich, dass ich hoffen kann, es einst wieder glücklich zu sehen. Eingerissen muss das Gebäude auf allen Fall nicht werden, zweckmäßige Ausbesserungen werden es befestigen. Als Perthes zehn Exemplare des Buches zur Verteilung im Gegenzug zu einer Beurteilung darüber erhalten hatte, schrieb jener an Abendroth (Kiel, 15. März 1814): - Herzlich danke ich Ihnen, dass Sie mir haben 10 Exemplare Ihrer Schrift wollen zur Disposition stellen! über drei habe sogleich verfügt. Prof. Heise in Heidelberg, ein überaus braver, tüchtiger und gelehrter Mann, hat mir einen sehr wohlgesinnten Brief geschrieben, worin er, obwohl mit seiner jetzigen Lage sehr zufrieden, doch äussert, seine Kräfte der Vaterstadt gern opfern zu wollen. Den Mann sollten wir nicht ausser Acht lassen; ich habe ihm sogleich ein Exemplar Ihrer Schrift gesandt. In Bremen (besonders Dr. Heineke) seufzt man recht darnach. Allenthalben ist man mit den Vorschlägen und der Gesinnung, die Sie äussern, durchaus zufrieden. Carl Sieveking an A. (Flottbek – Teufelsbrücke – den 18. März 1814): - Ihre Schrift habe ich, wie ich hoffe mit Ihrer Genehmigung, Voght, meinem Grossvater Reimarus und dessen Sohn mitgetheilt. Der Alte, der sich daran gefreut, war im begriff, Anmerkungen dazu zu schreiben. Er hat auch ein paar gutgemeinte Worte darüber aufgesetzt, dass man doch die grossen Städte nicht befestigen möge, und meint, ein Jeder müsse mitarbeiten, um unseren Wall in den Graben zu werfen.

Hübbe an A. (Allermöhe, den 16. März 1814): - Ihre Schrift habe ich mit vielem Vergnügen gelesen. Gott gebe, dass sie bald möge einen Leitfaden abgeben können. Was aber den Civilstand betrifft, so glaube ich doch, dass man wohl thue, das Geborenwerden, Sterben und Heirathen in der engsten Verbindung mit der Kirche zu lassen. Die möglichen Unordnungen können durch gehörige Aufsicht vermieden werden. Auch treffen diese Vorwürfe die Führung der Bücher seit 1782 nicht. – Möge zu seiner Zeit die Angelegenheit der Kirche (ich meine damit nicht den Gehalt der Hirten) mit der gehörigen Zartheit und Kraft behandelt und über den äussern Menschen der innere nicht vergessen werden. Denn Eins ist Noth. - Da die Sache allmählich bekannt wurde und die Intention des Buches meistens gebilligt wurde, dachte man an den Verkauf der einzelnen Exemplare. Otto von Axen (Altona, den 15. April 1814): - Hoffmann wird mit Vergnügen den Debit Ihrer Schrift übernehmen. Diese Schrift ist hier (vor ungefähr 14 Tagen) bei einigen Hamburgern und Altonaern bekannt worden. Ich habe selbst zwei Exemplare gesehen, die von Dockenhuden und Kiel gekommen sind; sie findet den verdienten Beifall.

42.

Ferdinand Beneke, ein in Hamburger Angelegenheiten sehr erfahrene Mann, der die Bereinigung des Staatwesens von Mängeln kompromisslos beabsichtigte, rechtfertigte sich bei Abendroth und zeigte auf, dass auch er in dem Maße, wie es angesichts der veränderten politischen Lage und Rücksicht auf das gesamte deutsche Vaterland geschehen könnte, in den Spuren der Vorfahren weitergehen wolle. Als dieser zuvor verfertigte Entwürfe darüber an Abendroth schickte, fügte er Folgendes hinzu (Lübeck, den 8. Februar 1814): - Ich weiss diesem nichts weiter hinzuzusetzen, als: - dass man nur da verändere, wo es durchaus nöthig ist; dass man sich vor allem Non plus ultra hüte, nicht durchaus die Ideale der Theorie erstreben wolle, dadurch jeden Spielraum des bürgerlichen Lebens und Treibens verbaue, das Leben des Staates zu einem todten Uhrwerk einschränke, und dass man desfalls systematisch tabellarische Vorarbeiten nicht ängstlich auszuführen trachte, in ihnen nicht den Bau selbst, sondern nur das sichere Baugerüst erkennend; dass man aber vor allen Dingen den Geist der Zeit recht begreife, das ihm mehr als wir glauben entsprechende uralte unserer Verfassung (welches uns nur darum, weil wir seine geschichtliche Bedeutung aus den Augen verloren hatten, in der letzten Zeit grund- und zwecklos, ja oft abenteuerlich vorkam) rein, wo es sein kann (z.B. in der Kriegspflicht des Bürgers) wiederherstelle, im Uebrigen unverrückt die Nothwendigkeit vor Augen habend, wie wir mit Entsagung aller kosmopolitischen Egoisterei uns ernst und redlich der neuen deutschen Reichsgestaltung einverleiben können, ohne den Grund unserer inneren Abhängigkeit (nämlich unsere Welthandelsnatur, als wodurch wir eben dem Reich und uns selbst nutzen können) aus den Augen zu verlieren; dass wir endlich dabei dem alten uns jetzt mehr als je schändenden weichlichen Spiessbürgerwesen, und darin allen persönlichen Rücksichten mit Kraft entgegenwirken.

Ebenso (Bergedorf, den 24. Februar 1814): - Für eine neue Verfassung bewahre uns der Himmel! aber ein neuer Geist ist uns vonnöthen. Es geht mit unserer Verfassung fast wie mit dem Christenthum; ein neues wäre eitle Thorheit, aber die Herstellung des reinen, alten ist das Bestreben der Besseren. Auch wohne ich lieber in einem behaglichen, alten Hause, als in einem neuen, nur muss das alte dicht und fest und der allgemeinen Gassenpolizei gemäss sein. Wenn daher das Ausbessern unserer alten Einrichtungen einen Theil der nöthigsten Arbeiten ausmacht, so wird unsere Assimilirung zu einem neuen deutschen Reiche den zweiten viel beträchtlicheren ausmachen. Und da glaube ich, dass wir nicht in sechs Monaten mit solchen Arbeiten zu Stande kommen, zumal wenn alle Details den alten, nicht blos aufhaltenden, sondern selbst ertödtenden Weg des Bürgerschafts-Schlendrians gehen sollen. Kurz ich glaube, dass wir nur auf dem Wege einer Verfassungsentwerfenden Commission die sonst erfolgende Einmischung eines Bevollmächtigten des deutschen allgemeinen Verwaltungs-Departements verhüten können. – Er wird der Mühe wert sein, den Weg kennenzulernen, der diesem engagierten Patrioten gefallen würde, wie man die Republik wieder herstellen müsse. Jener war der Meinung, man müsse eine doppelte Kommission einsetzen, die eine, die nach gewohnter kurzer Abwägung das Staatswesen lenken sollte, die andere, die über die zu entwerfende und zu korrigierende Organisation des Staates tage. Aber hören wir ihn selber: -

Wie soll nach Hamburgs Befreiung das öffentliche Wesen provisorisch aufgestellt werden? Ich denke mir, Rath und Bürgerschaft bestellen, nächst der nicht schnell genug zu publicirenden Aufhebung des lutherischen Monopols, mit Bedingung einer vorläufig bestimmten Zeit I. mit ausgedehnten Vollmachten einer aus wenigen Personen bestehende Regierungs-Commission, welche, mit vorläufiger Beibehaltung der bestehenden Formen, die Zügel der Regierung mit kräftiger Hand führte bis eine neue Verfassung definitiv angenommen, oder eine weitere, länger dauernde, transitorische Ordnung der Dinge beliebt würde. II. Eine Verfassung–entwerfende Commission, aus den tüchtigsten Männern, der verschiedenen Fächer bestehend, welche sich ausschliesslich damit beschäftigte, die neue Organisation auszuarbeiten, eine etwaige weitere provisorische Ordnung der Dinge mit der Regierungs-Commission zu concertiren, und dieser überhaupt als Beirath in allen transitorischen Ungewissheiten zu dienen. III. Der Senat, qua talis, muss entweder so lange quiesciren oder sich in längeren Intervallen zur Bericht-Annahme der beiden Commissionen versammeln und deren etwaige längere Dauer bestimmen. IV. Die Bürgerschaft qua talis wird, nachdem sie jene zwei Commissionen bestellt, während deren Dauer als quiescierend angesehen, und reviviscirt erst, wenn die Commission sub II. ihr Project vorlegt, dessen Annahme sodann auch der Commission sub I. ein Ende macht. – Die Verfassung- entwerfende Commission anlangend, so wäre es vielleicht sehr zweckmäßig, a) einen bekannten außerhamburgischen Staatsgelehrten (z.B. Niebuhr) dazu zu berufen; b) auch einige Aerzte und Prediger mitzuwählen, damit auch diese Fächer respicirt würden; c) dazu vor allem zwei Mitglieder des aufgelösten hanseatischen Vereins, nämlich Perthes und Dr. Sieveking zu ernennen etc.

43.

Außer den Zeugnissen, die oben (vgl. Anm. 4) referiert wurden, möchte ich einige weitere zitieren, damit deutlich wird, was die Männer von durchaus verschiedenem Interesse über diese Angelegenheit dachten. Dass von einigen freilich nicht böswilligen, sondern vorsichtigeren und alle Gefahren abwägenden Bürgern etwas lauer geantwortet wurde, wird niemanden verwundern. Es gab welche, die in ungefähr folgender Weise schrieben:

„Ich habe Ihre Wünsche mit dem grössten Interesse gelesen. Sie zeugen von den Einsichten von der Erfahrung und dem Fleisse ihres patriotischen Verfassers. Möchten doch unsere guten Wünsche bald, recht bald erfüllt werden. Was mich betrifft, so lebe ich, aus bewegenden Ursachen, hier im strengsten Incognito. Zwar rathe und helfe ich gern da wo ich kann – ich bin schon mehrere Male in diesem Falle gewesen und bin auch ferner dazu erbötig – aber öffentlich kann, darf und will ich nicht hervortreten.“ –„ Gott gebe dass ihre Hoffnung nicht ungegründet, und dass wenn Hamburg befreiet, wir in Ruhe zurückkehren können; ich bin noch immer sehr besorgt, es werden einige regiersüchtige Köpfe (wenn auch nicht aus böser Absicht, vielmehr aus Unkunde des Ganzen) Schriften verbreiten, die dem Wunsche der guten Bürger hinderlich sind. Es ist hier mehreren Anderen und mir ein Buch - Geschichte der hamburgischen Begebenheiten - sehr gut geschrieben zugesandt, kostet 2 Mark 8 Shilling, man siehet dass der Verfasser im Hauptquartier sehr bekannt gewesen sein muss, lobt sehr den General Tettenborn, ist unzufrieden mit dem vormaligen Rath, der gar keine Energie gezeigt, stets unentschlossen gewesen etc. --- dergleichen Bücher kommen gewiss noch mehr zum Vorschein, und werden bei Vielen Gedanken erregen die den so nöthigen ruhigen Ueberlegungen und Beschlüssen hinderlich.“ – Soll unser Schicksal sich erst beim allgemeinen Frieden entwickeln, so fürchte dass dieses noch sehr lange dauern wird und die in Hamburg gebliebenen Einwohner noch viel Angst und vielen Druck werden auszustehen haben, und am Ende gänzlich ruinirt werden. Die bis jetzt in der Bank noch sein sollenden 38 pCt. werden nicht lange ausdauern wenn täglich 36 S-Mark gemünzt werden, un dan ist die Put af, und Hamburg ist arm. – Ihre Wünsche bei Hamburgs Wiedergeburt sowie das Promemoria für Senator Smidt habe ich gelesen. Nach ersteren bin ich grösstentheils mit Ihnen sehr einig und wäre zu wünschen, dass es erst Alles so eingerichtet wäre, doch wird dieses noch vielen Widersprüchen von Manchen unterworfen sein. – Ich danke Ihnen indessen für beide Aufsätze und die viele Arbeit die Sie sich dadurch gemacht. Sie sind ein wahrer ächter Patriote.“ Ich weiss nicht, was angenehmer und in jener Epoche besänftigender klang als jene Worte Jacob Oppenheimers, des Mannes, der keineswegs dazu neigte, das zu glauben, was er wünschte, sondern der in Geschäften höchst erfahren, mit schärfstem Verstande ausgestattet, die gewissermaßen in sich ruhende Beständigkeit seines Freundes unterstützte (Kiel, den 18. März 1814): - Der praktische Staatsmann sowohl als der wahrhafte Patriot leuchtet zu deutlich in Allem hervor, als dass man nicht glauben sollte, dass bei weitem die grössere und ich darf wohl auch sagen die bessere Mehrheit sich gern Ihren Verbesserungsvorschlägen anschließen wird, und Sie haben sich gewiss durch diese Schrift ein Verdienst erworben. leider verzögert sich der Augenblick wo Ihre Wünsche in Ausführung gebracht werden können weit über unser Aller Erwartung. Von einem Frieden nur hoffe ich die schnellste und für Hamburg auch die heilsamste Rettung, ich weiss es indessen, dass diese meine Ansicht nur wenige Anhänger findet, daher ich ihr wie billig misstraue. Ein Hamburger (weder die namentliche Zuordnung noch die Handschrift sind mir bekannt), dessen Briefkopie ich unter Briefen von Axens fand, scheint die Hoffnung auf besonnenere Pläne aufzugeben, als er sich zu dem Zeitpunkt in London aufhielt): - Die Ansichten des Herrn Abendroth scheinen mir ungemein richtig, aber darum fürchte ich zuweilen werden sie wenig Beifall finden, weil man bei uns zu sehr am Alten klebt und mit dem Zeitalter in der Aufklärung durchaus nicht fort will; unser Patriotismus erlöscht, während unsere Dummheit sich erstaunlich erhält. – Die Organisation die Abendroth in seinem kleinen Buche empfiehlt,

wäre sehr zu wünschen, und je näher man derselben kömmt, je lieber soll es mir sein. Axen selber (in dessen mit ungezwungener und meist zügiger Feder geschriebenen Briefen dennoch bisweilen glänzende Sätze auftauchen) schien die aufgekeimte Hoffnung nicht besonders gehütet zu haben, als er im Anblick der Lage der Stadt an Abendroth unter anderem schrieb (Altona, den 26. April): - Es gehört zu unserem Geschick, dass halbe Maasregeln, kleine Umstände, Schwäche, unser Schicksal bestimmen. Doch als einziger von allen zeigte Perthes (in Notizen, die er im März in ein von uns so genanntes goldenes Büchlein eintrug) sehr hellsichtig eine doppelte Art von Menschen auf, deren erfolglose Werke den Wünschen eines jeden Besten entsprechen würden: -

Wohl kann man glauben, dass der Herr Verfasser gegen Schatten fechten möchte, wenn er „jugendlich lebhafter Köpfe“ erwähnt, und „Schwärmer mit Ideen und Projecten, die sich gerne als Schöpfer ansehen möchten“ – sowie man sich vergebens nach Denen umsieht, die der Herr Verfasser aufstellt als „Intriganten, die sich ein bequemes Leben schaffen wollen und sich hoher Posten rühmen.“ Wer sind diese? und sollte es wirklich Revolutionnairs, Demagogen und Enthusiasten geben, wo ist ihr Einfluss? wo ist ihre Partei, ihr Anhang? Dagegen ist zu befürchten dass der Herr Verfasser bei seinen wohlthätigen Verbesserungs-Vorschlägen Gegner finden wird, deren er gar nicht zu gedenken scheint, als : Männer von reiferen Jahren, die wegen beschränkter Ansichten auf vorgefassten Meinungen dermaassen mit Eigensinn bestehen, dass ihre leidenschaftliche Hitze weit über die eines Enthusiasmus steigt; dann andre, jüngere Männer die ihrem Privatvortheil nachgehen, ohne um das allgemeine Wohl sich zu bekümmern, und unter diesen Solche, die Alles was Andre thun, bekritteln, beraisonniren und verklatschen, und die gern auf Patrioten den Schein voreiliger und eigennütziger Thätigkeit werfen. Aus der Art Menschen entspringt auch folgende oft jetzt sich aussprechende, höchst gefährliche Meinung: für Hamburgs bessere Verfassung und Verwaltung sei nur Retter, wenn von aussen uns Ordner und Regierer zugesandt würden die uns Hülfe geben.

44.

Der Brief Axens zeigt, wie groß der Mangel in einer so großen Ansammlung von Menschen und wie unermüdlich die Fürsorge der Nachbarn und gleichermaßen die der Bevölkerung war. 5. Januar (Altona): - Früher wie ich Euch Hamburger zur Unterstützung der armen Ausgewanderten aufforderte, habt Ihr dort schon Euch thätig bewiesen. – Der Bestand unserer Casse war den 3ten Abends 20 000 Courant – Ich kann Ihnen nicht genug preisen wie zart und wohlthätig uns die Altonaer in aller Rücksicht unterstützen, und wie kräftig und thätig uns die hiesigen Hamburger helfen. Gott lohne sie Alle dafür! Seien Sie unbesorgt, dass die Vertriebenen nicht zu einer besseren Zeit zurückkommen werden – sie haben Alle mehr oder weniger Güter, Verwandte und etwas Eigenthum zurücklassen müssen – viele Hunderte sind auf der Gasse aufgegriffen und transportirt worden – hier finden sich oft getrennte Familien wieder etc. Ebenso am 11. Januar: - Wir haben bis heute circa 22 000 Courant Einnahme und schon 6000 Courant Ausgabe – wie wird das gehen wenn die Sache lange dauern sollte? Die Ansprüche an unsere Casse werden mit jeder Stunde grösser – circa 4000 Personen sind hier. Die weitere Beförderung geht sehr langsam. Die Wasserfahrt ist gehemmt, der Landtransport sehr ungewiss – nicht immer lassen sie durch – und es ist unmenschlich in dieser Kälte Familien mit Kindern weiter zu schaffen. Auch fehlt es an Lebensmitteln, Feuerung und Stroh – mit vieler Mühe haben wir von dem General Markow die Erlaubnis erhalten, 4 Wagen mit Kartoffeln frei hier einzuführen – was ist das aber unter so Viele? – Unsere Kochanstalt ist im Gange, wir speisen circa 1000 in der Stadt, die Uebrigen erhalten Essen bei Rainville, ungefähr 2500; sein ganzes Haus, Ställe und Scheunen hat er zum Obdach hergegeben. Ausserdem haben wir die Badeanstalt für 200 Kranke – einen Saa für 110 Alte – 2 Scheunen in Ottensen, und heute wird eine kleine Kirche mit 100 bevölkert werden. Wir haben hier schon zwanzig Todte, es ist kein Wunder, denn sterbend werden sie herausgefahren. Wir haben hier die ganze Armenanstalt, die Bewohner der Testamentenhöfe, St. Georg Gotteswohnungen etc. Ebenso am 16. Januar. Die Anzahl der sich hier befindenden Ausgewanderten kann ohngefähr 6 bis 7000 Köpfe betragen, von denen wir jetzt schon nahe an 4000 zu unterstützen haben. – Die Auswanderungen nehmen ab, und wohl nur als Nachlese kommen täglich 50 bis 60 Menschen zu uns. Mehr denn 2000 haben wir mit Geld und Pässen weiter befördert. Was aber jetzt hier ist wird wohl wegen Alter, Krankheit, Gebrechen und Mangel an Kleidung hier bleiben müssen. In Bremen waren den 8. Januar von den Unsrigen schon 600 angekommen, sie rechnen dort auf 3000, wie mir H. Droop schreibt. Dort ist alles in der besten Ordnung, sie werden gut verpflegt. – Ich wäre auch gern bei Euch in Kiel: hier leidet meine Gesundheit (ich arbeite mich bei der Kälte ab) und meine beinahe erschöpfte Casse; ich will aber so lange bei meinen Armen bleiben bis mich die Kugeln vertreiben etc.

45.

Perthes in einem Brief an Mettlerkamp (Kiel, den 22. Februar 1814). In Lübeck habe ich Einleitung getroffen, zu einer Centralbehörde für die eingehenden Unterstützungsgelder, und Altona, Lübeck und Bremen ersucht, uns für die kronprinzlichen Gelder bestellten Männern noch den Präses der Commission in jeder Stadt beizugesellen und als 7ten, und Vorsitzenden, Herrn Senator Abendroth beizufügen. Mit dieser ungeheuer bedrückenden Angelegenheit, die im allgemeinen Durcheinander und in der Unordnung von da aus scheinbar nachdrücklicher in Angriff genommen werden könnte, verhielt es sich folgendermaßen: Unter den Vertriebenen waren nicht wenige im Militärdienstalter. Auf Befehl Bernadottes waren sie zu den Truppen hinzugestoßen, die unter der Führung von Mettlerkamp die Waffen ergriffen hatten, aber nicht, um als Soldaten zu dienen und den Kriegsdienst aufzunehmen, sondern um zu beweisen, dass sie bereit waren, den Tod für die Wiedereroberung der Stadt in Kauf zu nehmen. Da aber jene Rekruten äußersten Mangel an allem litten, brachten sie den Feldherrn in nicht geringe Schwierigkeiten, da er über nichts verfügte, um ihnen Waffen, Kleidung und Lebensunterhalt bereit zu stellen. Wer hätte angesichts dieser Tatsache da nicht an das für die Vertriebenen bereitgestellte Geld gedacht. Dies war jedoch durch eine restriktive Auflage blockiert. Nur sehr wenige aus dem nicht kleinen Band hervorsuchte Briefen scheinen zu belegen, was Licht auf diese sehr wenig aufklärte Angelegenheit werfen und beweisen könnte: dass diese nicht erbrachte Leistung auf der Unterschiedlichkeit der Meinungen und nicht auf irgendeiner fremden Absicht beruhte. Abendroth hatte Mettlerkamp über seine Absicht von Anfang an informiert (Rellingen, den 16. Februar 1814): - Sowohl Sie als die alte Bürgergarde haben es sehr um Hamburg verdient, dass wir Alle uns alle Mühe geben, sie aus der Verlegenheit (wegen der der Bürgergarde zugewiesenen Vertriebenen) zu ziehen; Sie sehen aber, dass dieses nicht ohne große Schwierigkeiten geschehen kann. Perthes schrieb an Abendroth (Kiel, den 15. März 1814): Mettlerkamp hat mir einen ziemlich lebhaften Brief geschrieben, mit einigen Vorwürfen über Nichthülfe vermischt! – aber in der Sache hat er Recht! geholfen mus ihm aus der Verlegenheit werden. Der Kronprinz hat 40,000 Mark Banco (?) complet bezahlt, hätte er gesagt, 10,000 davon sind für die Bürgergarde, so müssten wir auch zufrieden sein. Derselbe hatte schon am 10. des Monats an Mettlerkamp geschrieben: Wer ist die Committee für die Vertriebenen? Mein lieber M., das ist die Centalbehörde, die ich stiften will. -- Die Commissionen der drei Städte haben Ihnen keine Recruten aufgedrungen, und dürfen Nichts von den Geldern abgeben für Bewaffnete. Also die Commission die vom Kronprinzen eingesetzt ist für die 40,000 Mark? Davon haben wir 24,000 erhalten – kein Schilling davon ist übrig, da Altona jeden Tag 1000 und Lübeck jeden Tag 1000 gebraucht. (Gansland kündigte am 19. März Mettlerkamp Folgendes an: Im Ganzen sind Courant 25,000 für die Hamburger hier vorhanden – darunter 600 Kranke. Es reicht aus noch auf 3 Wochen.) Perthes an Mettlerkamp (Kiel, den 18. März 1814): - Ein Engländer war hier der neben anderen Geschäften so zu sagen eine Inspectionsreise machte von Seiten der Committee, die Gelder gesandt hat. Von der zweiten Committee habe ich schon wegen der an die Bürgergarde gegebenen 200 Louisd’or einen Verweis erhalten.

Da Bennigsen in seinem Namen das Geld dafür auszugeben drängte und gleichsam es zu befehlen schien, teilte Perthes ihm mit, dass dies ein sehr schlechtes Beispiel für die Zukunft sein würde, weil bewaffnete Heerführer Geld von den eingeschüchterten Magistraten für militärische Zwecke fordern und erhalten könnten. Wenn man die ganze Angelegenheit betrachtet, so fürchte ich, dass dies nicht falsch, sondern aus einem sehr wohl anzunehmenden Grunde ziemlich ernst und traurig ausgesprochen zu sein schien.

Perthes an Abendroth am 26. März. -- Dies Fordern (von Seiten von Militair-Corps, Chefs, Officieren) nicht zu gestatten, ist ein Hauptgesichtspunct für städtische Behörden jetzt und künftig. Ebenso überzeugt bin ich aber auch, dass es Pflicht und Recht ist Mettlerkamp zu helfen. Dem russischen General Oppermann schrieb Perthes am selben Tag Folgendes:

In Lübeck hat man bereits 91,000 Mark? ausgegeben, in Altona 95,000. Der Magistrat verlangt Garantie für die künftige Ernährung der Armen. Dazu kömmt ein Umstand der vorsichtig will behandelt sein. Der grösste Posten ist Ł 6 bis 8000, wovon aber nach ausdrücklicher Verordnung Nichts an Waffentragende soll ausgegeben werdem , weil das mehrste Geld dabei von Quäkern ist. An einem andern Ort sollen noch Ł 2000 fest liegen, weil schon von der Bürgergarde gesprochen worden ist. Nach Bremen sind alle Neuausgetriebenen und alle Nachgetriebenen geströmt. Abendroth an Mettlerkamp (Ritzebüttel, den 9. April 1814): - Sie werden schon wissen, dass es mir gelungen ist, bei der Centralcommisson es zu bewirken, dass 2000 Mark zur Anschaffung von Hemden und Schuhen für die Bürgergarde, jedoch nicht als solche, sondern als hülflose vertriebene Hamburger ausgesetzt sind. --- Sie werden sich jetzt nachgerade überzeugt haben, dass die Schwierigkeiten in dieser Sache nicht von mir herrühren. – Schaffen Sie uns Hamburg nur recht bald. – Leben Sie herzlich wohl, Gott segne Sie. Diesem schrieb Mettlerkamp zurück (Bergedorf, am 14. April 1814): - Wie gerne, mein werther Herr Senator, schaffe ich Ihnen Hamburg frei! Aber Lorbeern hat uns allen der Feldzug in diesem Winkel Deutschlands nicht viel getragen. Im übrigen war die Knappheit des für diese Zwecke bestimmte Geld derart, dass angesichts der sofortigen dringenden Hilfspflicht man gezwungen war, Anleihen quasi im öffentlichen Namen vorzunehmen und sich durch die Bürgschaft einzelner Bürger öffentlich zu verpflichten.

Perthes an Abendroth in dem schon zitierten Brief vom 26. März aus Kiel: Wenn wir zusammenkommen und für die Verwiesenen überhaupt Rath schaffen müssen, wenn die Cassen nichts haben, muss auch dafür Rath geschafft werden. Können wir nicht anders, so müssen Sie, nach meiner Meinung, mit alten Senatoren – wir Bürger mit andern erbgesessenen, besonders älteren, zusammentreten und eine Anleihe machen; hier ist man einer solchen Maasregel geneigt, auch Oppenheimer, der vor einigen Tagen nach Lübeck mit seiner Familie gegangen ist, war der Meinung, dass man so leicht auf gute Bedingungen Geld bekommen würde. Perthes (Kiel, am 15. März 1814) erzählt, dass dies, um den gegenwärtigen Mangel abzumildern, von ihm schon durch eigene Bürgschaft abgesichert versucht worden sei.: - Da wir nicht darauf warten können (Er deutet den Vorgang nach London abgesandter Briefe an), so habe ich einen zweiten Versuch gemacht und hier unter angegebener Ersetzungshoffnung angeliehen. Es wird aber nicht sehr gelingen. Senator Gabe, Sonntag und Oppenheimer haben unterschrieben, aber – und – widersetzen sich dieser h ö c h s t g e f ä h r l i c h e n Sache. Er fügt später hinzu: - Die 240 Ld’or, die ich an Mettlerkamp übermacht habe, ist eine Anleihe, die von den ersten eingehenden Geldern wieder ersetzt werden muss.

46.

In einem Zusatz an die Aufträge, die Colquhoun und Hess übermittelt worden waren, ist im letzten Absatz über das Nichtabtragen der Wälle von der Hand Abendroths angemerkt: - Es ist deshalb an den Herzog von Cambridge und nach London geschrieben, die Sache ist zu unserem Vorteil erledigt. Aus den unedierten Berichten Wächters scheint Folgendes mitteilenswert:- Der General Montesquiou benahm sich als ein wahrer Edelmann. – Die Landesausgaben vom 8. Mai bis December 1813 ohne Einquartierungskosten beliefen sich auf 227,797 Mark Courant (in den ersten Monaten ward 1 Mark für 1 Officier gerechnet, aber die Officiere verzehrten täglich für Rechnung der Wirthe 6-8 Mark). Die russische Besatzung kostete in 7 Tagen 10,780 Mark Courant ohne Kosten in den Quartieren.

47.

Seidel schrieb aus dem Lager der Bürgergarde (Pinneberg, den 7. März) an Abendroth: Auf mehrere eingereichte Klagen der Einwohner von Dörfern, Hamburger Jurisdiction unterworfen, über Bedrückungen und Unordnungen aller Art, ist von denselben Sr. Excellenz dem General en Chef der Wunsch eröffnet worden, eine Landespolicei zu erhalten. Es ist wichtig, dass dieses so schnell als möglich effectuirt werde, um endlich den vielen Missbräuchen im Requisitionswesen auch dänischen Eingriffen, Schranken zu setzen. Aus diesem Grunde würde es Sr. Excellenz sehr angenehm sein, Ew. Wohlgeboren je eher je lieber in gedachter Angelegenheit zu sprechen, und werden Sie hierzu von mir ergebenst eingeladen. Vorläufig habe ich die Ehre, Ihnen beifolgende Instruction für einen gewissen Hrn. v. Lamang zur Durchsicht und mit der Bitte zuzusenden, mir Ihr Urtheil darüber so schnell als möglich bekannt zu machen, und ob Sie bereits eine Instruction für Denjenigen entworfen, den Sie vielleicht schon zu Policeiverwaltung im Hamburger District gewählt haben – in welchem Fall ich sehr wünschte, sie mit der gegenwärtigen als vom General confirmirt zu vereinigen – um in vorkommenden Fällen, in welchen man sich an die K. Russ. Policeibehörde wendet, alle Collisionen mit der Ihrigen zu vermeiden. Noch bemerke ich hier, dass der proponirte Herr Lamang zu Tettenborns Zeiten in der Function quaestionis angestellt gewesen und laut der Briefe darüber sich die Zufriedenheit der Einwohner des Hamburger Gebiets erworben hat. Perthes an Abendroth (Kiel, den 15, März 1814): - Auch weiss ich, dass dänische Behörden sich wundern, dass niemand von den Hamburgern dort (in Pinneberg) sei, da doch unter Andern auch über und für das Hamburgische von Russen besetzte Gebiet, was gänzlich ruinirt würde, zu sprechen sei. Hübb, ein emsiger, unbescholtener Mann und, wo auch immer er privatem oder öffentlichem Nutzen dienlich sein konnte, unermüdlich, beklagte sich über den Zustand des Landstriches am Fluss Bille, wo er selber eine geistliche Stelle innehatte, in einem Brief an Abendroth. Allermöhe, den 16. März:- Die traurige Lage, in der sich unsere Ländereien befinden, haben sie mit den übrigen umliegenden Gegenden gemein, und müssen dieselbe tragen, bis es Gott gefällt uns die Last abzunehmen. Allein sie wird dadurch gar sehr verschlimmert, dass wir so ganz und gar Schutz- und Herrenlos sind, gar keinen Vertreter und Fürsprecher haben- - Die Billseite hat sich von der Elbseite losgesagt. Nun sucht eine jede dieser beiden Parteien die Last möglichst von sich ab und auf andere zu wälzen. Der vernünftigere Theil ist an Zahl der kleinste und wird überstimmt und überschrieen. Bisher habe ich Alles gethan was in meinen Kräften stand, um dem Uebel zu steuern, aber es übersteigt meine Kräfte. Dazu kömmt nun noch, dass wir für unsere inneren Angelegenheiten ohne Behörde sind, kein Recht, keinen Schutz und keinen Richter mehr haben. Man stiehlt frank und frei, weil man keine Obrigkeit zu fürchten hat. Kurz wir leben in der völligen Anarchie. Es wäre daher eine grosse Wohlthat für das Land, wenn sich Einer der ausserhalb Hamburgs befindlichen Mitglieder des Senats als unsere Obrigkeit einsetzte, theils um uns zu vertreten, theils um die innere Ordnung zu handhaben. Es wird dieses auch sehr von den russischen Herren Generalen gewünscht, und es sind manche Anordnungen deshalb an mich ergangen, um dieses zu befördern. Ich sehe sehr wohl ein, dass es immer etwas misslich ist, sich selbst also zu constituiren, und dass Mancher vielleicht die Folgen fürchtet, im Fall unsere bisherigen Herren, wenn auch nur auf eine kurze Zeit, die Oberhand wieder bekämen. So wenig man nun die Zukunft voraussehen kann, so ist ein solches Ereignis doch höchst unwahrscheinlich, und würde doch die Lage der Sachen selbst eine hinreichende Entschuldigung sein. Wie glücklich hätten wir uns zu schätzen, wenn Ihre Lage und anderweitige Thätigkeit es Ihnen erlaubten, uns unter den Schatten Ihrer Flügel und Ihren Wohnsitz in Billwärder zu nehmen. Ich biete Ihnen dazu mein Haus an, welches mir aus vieler Rücksicht dazu wohlgelegen zu sein scheint. Stünden aber diesem Wunsche unübersteigliche Hindernisse im Wege, so geben Sie uns einen anderen tüchtigen und rechtschaffenen entschlossenen Mann, welcher unser mast- und ruderloses Schifflein zu regieren versteht. Mit Freuden will ich sein Helfer und Handlanger sein. Fände sich nur erst ein solcher, so wäre ja wohl von dem Herrn General en Chef eine förmliche Einsetzung desselben zu erlangen. – F. Beneke an Mettlerkamp (Pinneberg, den 21.März 1814): Gestern Vormittag traf Abendroth in Pinneberg ein. – Mein angelegentlicher Wunsch, sich eine aus Senatoren bestehende provisorische Hamburgische Behörde zu sehen, bleibt unerfüllt, dagegen sollen andere Landdistricts-Vorsteher bestellt werden, welche, wie Abendroth hofft, General Bennigsen berufen soll. Abendroth hat Palm gewählt für die Alster, Tode, wenn er will, für den Billdistrict.- Von Beseler, ein sehr angesehener Mann (der sich zu dem Zeitpunkt im Lager der Bürgergarde aufhielt, um die öffentliche Verbindung nach Amsterdam erneut wiederherszustellen) schrieb an Abendroth (Pinneberg, am 27. März 1814): - Gestern Abend traf ich Dr. Beneke beim Major von Wedel; er erzählte, dass Dr. Tode ihm geschrieben, und die von Ihnen zugedachte Stelle nicht eher antreten wolle, bis er gehörig angestellt wäre. Major von Wedel meinte aber, der General Bennigsen würde gewiss keine Anstellung ausfertigen lassen, da es kein feindliches Gebiet sei, in welchem er allenfalls befugt sei, sich in das Innere einzumischen. Hier sei es ganz der Hamburger eigne Sache. Ich bemerkte, dass es wohl nur auf eine Anerkennung von dem höchst-commandirenden General ankäme. Warum, entgegnete Major von Wedel, schreibt Herr Senator Abendroth denn darum nicht officiell an den General; auf eine officielle Anfrage erfolgt eine officielle Antwort. – N.S. So eben habe ich den Dr. Palm gesprochen und mit Vergnügen von ihm gehört, dass er eine Anstellung vom General Oppermann erhalten werde, und die Sache also ganz in Ordnung kommen wird. Dr. Palm versichert mich, dass ein solches Document zu seiner Autorisation durchaus nothwendig sei. Da ich schon durch meinen Bürgereid verpflichtet bin, Anzeige von Allem zu machen: wat wedder düssen Rade un düsser Stadt is, und ich allerdings das Gebiet zur Stadt rechne, so hoffe ich, werden Ew. Wohlgeb. mir diese Anzeige nicht verargen, wenn es auch sonst das Ansehen haben möchte, als wenn ich mich um eine Sache bekümmert hätte, die mich sonst wenigstens directe Nichts angeht. Tode an Abendroth (Allermöhe, den 24. April 1814): - Am 30. März habe ich die Bestätigung des Herrn Generals von Bennigsen mit der von Ew. Wohlgeb. abgefassten Instruction erhalten und Herr Pastor Hübbe hat nicht nur die Gefälligkeit gehabt, mir in seinem Hause ein Local einzuräumen, sondern auch die Stelle eines Adjuncten für den District von Billwärder an der Elbe zu übernehmen. Sein Rath ist mir von ungemein großem Nutzen, da die Verwirrung in der ohne alle Aufsicht gebleibenen und überaus hart mitgenommenen Landschaft auf den höchsten Gipfel gestiegen ist. F.Beneke an Abendroth (Pinneberg, den 2. April 1814): - Es war dem Herrn General von Bennigsen sehr unlieb, Sie nicht gesprochen zu haben. Die Landdistricts-Vorsteher sind von ihm keineswegs ernannt, oder autorisirt, weil er dabei bleibt, sich nicht in unsere inneren Angelegenheiten mischen zu wollen. Da er sie aber als Hamburger Seits bestellt ansieht, so erkennt er sie an, bestätigt sie, hilft ihnen, und da alle Aussicht ist, dass die Sache so geht, so hoffe ich, die Herren Palm und Tode werden damit friedlich sein und bleiben, und auf kein weiteres Hindernis stossen. – Derselbe an denselben (Pinneberg, den 13. April 1814): - General Bennigsen leugnet bei jeder Gelegenheit, die Districts-Vorsteher ernannt zu haben; er sagt, das sehe er als von Ihnen Namens des Senats geschehen an – aber natürlich anerkenne er sie und unterstütze sie. Da nun die Vorsteher selbst damit zufrieden sind, so lange ihnen nichts Widerstehendes begegnet, so geht es gut, und es wird auch wohl bis zu Ende gut gehen. Tode an Abendroth (Allermöhe, den 8. April 1814).- Für den Monat März habe ich 4650 Portionen und 226 Mark Magazinkosten abgeliefert, jetzt droht man mit Execution, wenn nicht für April und Mai geliefert wird. Es kann dieses keine andere Folge haben, als dass die wenigen hiesigen Einwohner, welche noch etwas zu verlieren haben, ihr letztes Vieh verkaufen und mit Zurücklassung ihrer leeren Häuser, da fast alle Mobilien zerschlagen oder verbrannt sind, davon gehen. Hübb an Abendroth (Allermöhe, den 17. April): - Der Herr Dr. Tode nimmt sich der Sache sehr kräftig an, aber seine Kräfte reichen bei weitem nicht hin, allem Uebel abzuhelfen und würden auch nicht hinreichen, wenn sie verzehnfacht würden. Sie können sich von der heillosen Unordnung keinen Begriff machen, welche unter dem Militär herrscht. Es wird nun 17 Wochen, seit wir diese Last tragen, ohne der vorhergegangenen zu gedenken. Lange kann es nicht mehr so währen, wenn nicht die Einwohner davon gehen sollen, welches zum Theil schon geschehen ist. – Der arme Tode ärgert sich sein Theil daran; ich wollte, dass er Etwas von Ihrer, erlauben Sie mir zu sagen, Fidelität hätte. Tode (Allermöhe, den 18. Mai 1814), dass durch die Einwirkung von Abendroth die Lasten ein wenig leichter waren: - Wir sehen dem endlichen Zeitpunkt unsrer gänzlichen Befreiung von der zwar etwas erleichterten, aber doch noch immer sehr hart drückenden Einquartierung mit grossem Verlangen entgegen. Obgleich die Schleusen geöffnet sind, läuft das Wasser doch nur langsam ab, und die frei gewordenen Strecken müssen erst austrocknen, ehe an eine Bearbeitung zu denken ist. Indessen gewinnen die Leute doch immer mehr Muth, und sie sind nicht mehr ganz so niedergeschlagen wie vordem.

48.

Ferdinand Benecke unterrichtete Mettlerkamp (Lübeck, den 4.Januar 1814), dass sowohl im Lübecker wie im Bremer Senat ein Bericht vorgetragen sei im Namen derer, die dies über ihre Amtspflicht hinaus auf sich genommen hätten, dass in jedem der beiden Senate eine Danksagung beschlossen worden sei: - Unsrem hanseatischen Directorium ist auf geschehene mündliche Relation sowohl vom Senat zu Bremen als vom Senat zu Lübeck für das Geschehene Dank votirt worden. Ungefähr zur selben Zeit verkündeten die Hamburger, die an derselben Versammlung teilnahmen, dass sie vom Amt, das sie um des Staates willen übernommen hatten, zurücktreten wollten. Nach ihrer Veröffentlichung gelangte eine vollständige Dokumentation, die von der Hand Sievekings und Perthes bestätigt war, unter die Papiere Abendroths. Es scheint mir der Mühe Wert zu sein, diese vollständig wiederzugeben, da nur ein Teil des Schreibens in der vom Sohn herausgegebenen Lebensbeschreibung von Perthes allgemein bekannt geworden is. Sie ist von folgendem Tenor: - Nach dem Fall der Städte Hamburg und Lübeck blieben manche Angelegenheiten, die eine Berathung unter den ausgewanderten Bürgern wünschenswerth erscheinen lassen. Die hanseatische Legion, die, ohne einen eigentlichen Vertreter, doch in mehr als einem Betracht von ihren Mutterstädten nicht ganz abgelöst war, die auf den Wunsch des Kronprinzen von Schweden neu versammelte Bürgergarde, endlich eine Anzahl hülfsbedürftiger Landsleute erheischten einen Verein wohlgesinnter Männer, der den für ihr Bestes nöthigen Verwendungen ein Gewicht verleihe, was der Einzelne nur in seltenen Fällen sich zu erwerben vermag. In dieser Absicht schlossen die Deputirten der Städte im Hauptquartier der Nord-Armee, die ihren öffentlichen Charakter behauptet hatten, sich unter ihren Mitbürgern, die Zufall und Unglück zusammenführte, diejenigen näher an, die mit dem Wunsch, sich thätig zu bezeugen, einen unbefleckten Namen, einiges Geschick zu schriftlicher und mündlicher Auseinandersetzung, eine dem Geist der Zeit entsprechende Gesinnung, Verbindungen oder einen selbstgeschaffenen Wirkungskreis vereinigten. Es entstand ein Ausschuss, dessen Dasein denjenigen Behörden angezeigt wurde, mit denen er in Geschäftsberührung sich zu setzen für dienlich erachtete. Mitglieder dieses Ausschusses waren es, denen die Subscribenten bedeutender Summen in England ihre Verwendung anvertrauten und die, während der Deputirte des Hamburger Senats seiner ursprünglichen Bestimmung folgen musste, in Gemeinschaft mit dem achtungswerthen Abgeordneten von Lübeck den manchmal beschwerlichen Beruf übernahmen, durch Aufklärung und Vermittlung, durch Briefwechsel und Reisen, die Lage der Bewaffneten zu befestigen und zu verbessern und die freie Zukunft der Vaterstädte, so weit es in ihren Kräften stand, herbeizuführen oder zu beschleunigen. Wenn dieser Beruf, der ihnen mehr aufgedrungen als von ihnen ausgesucht wurde, nach und nach ihre Kreise erweiterte, ja den Schritten, die sie darin thun mussten, beinahe den Abglanz einer öffentlichen Bevollmächtigung verlieh, so halten sie sich doch, nachdem zwei der Hansestädte befreit sind, nachdem so viele Mitglieder des alten Senats von Hamburg, so viele in Geschäften mehr als sie bewanderte Bürger dieser Stadt sich dem französischen Einfluss entzogen habe, keineswegs fernerhin für befugt sich um die Angelegenheiten der Städte unaufgerufen zu bekümmern. Sie haben den Senats-Commissionen in Bremen und Lübeck Kenntnis von dem unter ihnen bestandenen Verein und diejenigen Aufklärungen über die Verhältnisse der Hansestädte gegeben, die sie sich durch ihre Verbindungen verschaffen konnten. In beiden Städten hat man mit Zufriedenheit ihre Bemühungen anerkannt. Mit eben dem Vertrauen werden sie den Männern, die sie als die Ersten der Stadt Hamburg zu ehren gewohnt sind, die ganze Sammlung von Papieren vorlegen, die für die Zukunft dieser Stadt oder für die Wohlfahrt ihrer Angehörigen nicht ganz ohne Bedeutung sind. Sie fordern diese Männer auf, in der zuversichtlichen Hoffnung einer nahen Befreiung von Hamburg, Maasregeln zu treffen, wodurch diese Stadt in dem Verein ihrer Schwesterstädte, wie es so manche Angelegenheit dringend erfordert, auf die möglichst schickliche Weise vorläufig vertreten werde. Flottbeck, Januar 6., 1814. K. Sieveking. Friedrich Perthes. – Aus dem, was wir anfügen, wird deutlich werden, wie von den Männern mit äußerst unterschiedlichen Tendenzen darauf hingewirkt wurde, die Notwendigkeit ihres Engagements zu erklären und mit welcher Zuversicht sie Abendroth, aufgefordert hatten, dass er selber federführend daran teilhabe. F. Beneke (Lübeck, den 8.Februar):- Ich weiss keinen anderen Rath, als dass sich aus den ausgewanderten Senatsmitgliedern (allenfalls mit Zuziehung einiger ausgewanderter Bürger) unverzüglich ein Verein mit vorweg genommenem Mandat bildet – jene Ideen, soviel davon vonnöthen, in einen Aufsatz bringt, und solche dem die befreienden Truppen en chef commandirenden General mit den nöthigen Anheimstellungen übergiebt. Derselbe an Abendroth (Pinneberg, den 13. März 1814): - Ich bitte Sie, verlassen Sie unser armes verwaistes Hamburg nicht – alle Ihre bisherigen Schritte bezeichnen Sie ja auch als den Einzigen unter den Ausgewanderten, der sich der Sache annimmt. Die in einem hohen Grade zunehmende Anarchie in den befreiten Hamburgischen Landstrichen; die förmliche Deputation abseiten einer Hamburgischen Behörde in das grosse Hauptquartier (einstweilen freilich durch Capeaurouge und Gries vertreten); die dringenden Hanseatischen Gemein-Angelegenheiten, die Sache der Legion etc.; endlich die feste Verabredung der ersten vorläufigen Maasregeln in dem befreieten Hamburg – alles das sind in wenig Worten doch der Gründe genug, um so b a l d a l s m ö g l i c h eine provisorische Hamburgische Behörde zu bestellen. General Graf Benningsen wünscht es dringend. Die verbündeten Fürsten verlangen es. Stein zürnt, dass es n i c h t geschieht. Anerkannt und kräftig geschützt in all ihrem Thun würde eine solche Behörde also von allen Seiten her werden. Die ausgewanderten Hamburger tadeln laut den Mangel derselben. Die drinnen können nicht anders, als es wünschen. Die Bewohner des Gebietes sind in halber Verzweiflung, und machen jedem Bürger der Stadt, den ihre Klagen erreichen, Vorwürfe. Kurz, mit deucht, für die ausgewanderten Herren des Senats wäre m e h r als ein vorweg genommenes Mandat dazu da. Friedrich Ludwig Schröder ( der, wie wir oben in Erinnerung brachten, mit Bennigsen eng vertraut war) an Abendroth (Rellingen, den 16. März 1814): - Dass Dr. Benneke seit dem 6ten in Pinneberg ist, wird er Ihnen wohl selbst gemeldet haben. Ich habe den Grafen ersucht, dass er ihn in seiner Suite behalten möge, wo er nützlicher sein kann, als in Bergedorf. Ich halte es aber für sehr nothwendig, dass Sie selbst Ihren Aufenthalt in Pinneberg nehmen, da gegen Hamburg Ernst soll gebraucht werden, sobald die Elbe aufgeht. Nach meinem Ermessen ist es die höchste Zeit, dass eine Hamburgische Autoritaet ausser Hamburg sich versammelt uns constituirt, wozu Bennigsen gewiss die Hand bieten wird. Smidt endlich, der neue Perikles, schrieb aus dem Heerlager der Alliierten (Chaumont, den 22. März 1814), an den Bremer Senat: -

Warum gehen die ausgewanderten Mitglieder des Hamburgischen Senats und des Bürgerconvents nicht nach Cuxhaven, constituieren sich dort und fangen ihr Regiment wieder an? Gries billigt diesen Gedanken. Die Männer, die aber dieses Vorgehen sehr empfohlen hatten, begannen nach und nach, indem sie zögerten oder öffentlich trotz ihrer Eignung davon Abstand nahmen, an der gerechten Zusammensetzung und an der Versammlung selber zu zweifeln und die ganze Hoffnung auf den Einsatz von einzelnen zu setzen. Auf dies wies Carl Sieveking mahnend, als er Abendroth das Folgende schrieb (Flottbek, den 18. März 1814): - Das Gerücht Ihrer Rückkehr in unsre Gegend hat sich von Zeit zu Zeit erneuert. Ich wünsche sehnlich, dass es wenigstens ein Vorspuk war. -- Bis zu der Einnahme Hamburgs fürchte ich wird es kaum möglich sein, den einzelnen Bemühungen für das Beste der Stadt und der Ausgewanderten Zusammenhang und Folge zu verschaffen. Gewiss würde sich Alles, was es mit der Stadt wohl meint, Ihnen zu dem Behuf gern anschliessen, indes ich fange an zu begreifen, dass Manches Sie abhalten kann, Ihre Kraft nicht in einer Wirksamkeit, der es doch an gehörigem Nachdruck fehlt, vor der Zeit zu zersplittern. Für die verhältnismässige Vertheilung der Beiträge an die Ausgewanderten scheint bis auf einen gewissen Grad gesorgt, für ihre zweckmässige Anwendung bürgt die thätige Aufopferung derer, die in Altona, Lübeck und Bremen diese Angelegenheit in Händen haben. Smidt, Gries und Dechapeaurouge sind hoffentlich jetzt vereint im Stande, darüber zu wachen, dass keine Maasregel genommen werde, die den künftigen Wohlstand unserer Stadt gefährden könnte und ihre baldige Befreiung in Anregung zu bringen. Colquhoun, Hess, Matthiessen, Parish lassen es sich gewiss angelegen sein, soweit vor der Hand erforderlich ist, das Wohlwollen der englischen Regierung für Hamburg in Anspruch zu nehmen.

49.

Dass er Abgesandten Aufträge erteilte und wie er Ratschläge bei der Verwaltung der Hoheitsgebiete gab, ist hinreichend dargestellt. Er selber ließ den Nachbarverwaltungen nicht selten Rat zukommen oder ermahnte sie dazu, die Hamburger Interessen zu wahren, die keineswegs zu ihrem eigenen Nutzen in Widerspruch stehen könnten. Ein erstes Beispiel der Art habe ich gefunden, das bisher in Kiel lag. Er bat im Februar das höchste Gremium in Hannover, dass das einst in öffentlichem Namen aufgenommene Geld gemäß vereinbarter Verpflichtung ordnungsgemäß zurückzuzahlen sei: - Bei meinen schon ziemlich weit avancirten Vorarbeiten, wie mit Ruhe und Ordnung unser kleiner Staat wiederherzustellen und auf welche Mittel man rechnen könne, habe ich auch ganz besonders auf die von der Stadt Hamburg den H a n n o v e r – s c h e n L a n d s t ä n d e n gemachte Anleihe sehen müssen. Es ist dies baar von uns erhobene Geld wirklich von den derzeitigen Ständen zum Besten des Landes verwandt. Für uns ist es höchst wichtig, dass man dem Publicum gleich bei unserer Befreiung darüber eine Versicherung zu geben im Stande sei. Die Bedürfnisse der Kurstaaten während dieser Zeit der letzten Anstrengung werden höchst wahrscheinlich so gross sein, dass in diesen Zeiten weder an Bezahlung der Zinsen noch des Capitals gedacht werden kann, allein dies ist auch keineswegs erforderlich, es genügt, dass Eure Excellencen nur sich über die Schuld selbst geneigtest erklären und wir werden bei der hohen Achtung, die das Kurbraunschweigische Gouvernement allenthalben geniesst, schon Mittel finden Geld darauf anzuleihen. - Er ergriff eine andere Gelegenheit, sich mit den Rat von Stade und dem Präfekten Blücher von Altona über diese Angelegenheit auszutauschen. Freilich war er darüber informiert, dass Franzosen in Altona Silbermünzen (die viel weniger an Gewicht hatten) sehr häufig gegen goldene eintauschten. Es sei offenkundig, dass dieselben einen allerdings enormen Preis gern zahlten und dass sie Gelegenheit suchten, die auf anrüchige Weise erworbene Beute ziemlich leicht vom Ort wegzubewegen. Ja, es würden sogar mit Silber beladene Wagen weggeführt, das in verdammenswürdigem, schändlichen Vorgehen nicht aus dem Besitz der Bürgerschaft, sondern aus dem gemeinsamen, überaus bekannten Habe der Kaufleute aller Länder gestohlen worden sei. Axen hatte die erste Nachricht davon verbreitet (Altona, den 15. April): - Die Louisd’or werden stark eingewechselt, sie gelten in Hamburg 15 Mark 8 Shilling), daraufhin Staecker (Blankenese, den 19. April) : - In Altona wechseln die Franzosen Nichts als Louisd’or ein, um den Raub ziemlich bequem transportiren zu können; sie bezahlen den Louisd’or mit 16 bis 17 Mark; es wäre doch ärgerlich, wenn diese Menschen noch so viel Gestohlenes mitnehmen sollten. Genaueres schrieb Heinrich Droopam 22. April über diese Angelegenheit an Abendroth. Droop, ein herausragender Bremer Zeitgenosse, fordert jenen auf, von Bennigsen und nicht von den Hannoveranischen oder Holsteinischen Magistraten die nötigen Anweisungen zu erwirken und dafür Sorge zu tragen, dass folgende gesetzliche Regelung bei der Übergabe Hamburgs den Feinden aufzuerlegen sei:

„Davoust Namens der Verbündeten oder auch der neuen Regierung Frankreichs zu verpflichten, sogleich nach seinem Auszuge Rechnung über die der Bank entwendeten 14 bis 15 Millionen Franken abzulegen und für Alles persönlich verantwortlich zu sein, was die französische Regierung nicht als für den Dienst ausgegeben bewiesen achten wird“. Derselbe fügte dies hinzu: An wen aber könnten wir Ausgewanderten uns mit diesen Wünschen wenden, als an Sie, werther Herr Senator, der Sie nicht allein mit dem General Bennigsen breits bekannt sind und die Functionen Ihrer Würde bereits ausüben, sondern auch, während Andere schlafen, bereits thätigst für das künftige Wohl Hamburgs gearbeitet haben? Gewiss werden Sie auch gern jene Wünsche prüfen und wenn Sie sie ausführbar finden, Hand an’s Werk legen. Diese Erwartung hege ich um so gewisser, da ich von Freund Parish weiss, dass Sie nach Ihrem Briefe an ihn vom 9. keineswegs in Ritzebüttel zu bleiben, sondern sich dahin zu verfügen dachten, wo Sie unserer misshandelten Stadt werden nützen können. Und Abendroth untersuchte nicht nur diese Wünsche, sondern schrieb am folgenden Tage , den 23. April, in Ritzebüttel an Benningsen, an Blücher und die Stader. Auch forderte er Bennigsen mit fast ebenso vielen Worten im Sinne Droops auf, den gegenwärtigen Abtransport von Beute zu verbieten und Davoust Bedingungen aufzuerlegen, was Bennigsen energisch durchzusetzen versprach. Der Brief Benningsens (Pinneberg, den 13./25. April) enthält folgenden Passus: Dass dieser Punct bei der noch bestehenden Uebergabe mit möglichster Strenge eruirt werden wird, können Ew. Hochwohlgeboren versichert sein. Abendroth schrieb unter anderem an Blücher (Ritzebüttel, den 23.April 1814):- In ruhigen Zeiten würde eine solche polizeiliche Aufsicht auf den Handel allerdings die demselben nothwendige Freiheit geniren, allein hier ist nicht von Handel, sondern von der Rettung eines geraubten und verheimlichten Eigenthums die Rede. --- Da der Senat noch nicht in Activität ist, so habe ich als bis jetzt einziges Mitglied des Senats, welches in Activität ist, mich für völlig befugt gehalten, mich deshalb an Ew. Hochwohlgeboren zu wenden, da ich das Glück habe, in England, im russischen Hauptquartier etc. als solches anerkannt zu sein. Übrigens schrieben Blücher und die Stader ziemlich freundlich zurück, sie versprächen, alles zu tun. Aber schon im März, als Bennigsen Hoffnung auf bevorstehende Hilfe signalisierte, setzte Abendroth alle Hoffnung darauf, dass nach der Übergabe der Stadt alle Dinge, die noch vorhanden seien, von den Franzosen zurückerstattet würden, das Restliche sollte nach freiem Ermessen geschätzt werden. In dem Brief (Ritzebüttel, den 16. März) an Bennigsen zählte er Einzelheiten auf: - Ich bitte, dass E. E. zu befehlen geruhen mögen, dass uns Hamburg mit allen Kriegs- und anderen Effecten, allen Magazinen und französischem Staatseigenthum überlassen werden möge, wie die unter E.E. Oberbefehl stehende Armée es in Empfang nehmen wird, und dass bei einer etwa stattfindenden Capitulation den Officieren nur ihr erweisliches Privatvermögen mitzunehmen erlaubt werde. (Ein Bremer Gesandter berichtet in einem Brief vom 13.April aus Paris, dass Stein öffentlich gesagt habe: die Hamburger sind nicht gescheut, wenn sie nicht auf Beschlag auf Davoust’s Privatvermögen antragen; Gries aber si anderer Meinung gewesen). Die Magazine aller Art sind uns genommen, enthalten zum Theil die letzten Reste des Vermögens vordem wohlhabender Mitbürger. Alles Holzwerk gehört Hamburgern, die armirten Schiffe sind Hamburgern genommene Torfever und andere Schiffe; die berühmte oder berüchtigte Brücke über die Elbinseln ist von unserer Mitbürger Holz erbaut; das baare Geld ist aus dem unsern Bürgern geraubten Silber geprägt, die Casernen und Hospital-Utensilien sind unseren Bürgern abgenommen, das dazu gehörige Leinenzeug ist aus den kostbaren Magazinen unserer Kaufleute und wohl nie von dieser Güte zu solchem Zweck verbraucht, bloss das Geschütz und die Ammunition ist aus Frankreich herbeigeführt, es ist also schon in der Billigkeit gegründet, dass unsere Bürger ihr Eigenthum wieder erhalten. Das Geschütz als Geschütz hat für uns keinen Werth, sondern nur als Metall um es zu verkaufen und andere Bedürfnisse damit zu befriedigen, um auch unsere Festung so bald als möglich von dem Ertrag gänzlich zu demoliren, denn es gehörte gewiss eine so sonderbare nie wiederkehrende Verkettung unglücklicher Umstände dazu, als in der letzten Zeit leider Statt gefunden hat, dass aus Hamburg eine Festung gemacht worden. Hamburgs Freiheit steht und fällt mit der von Deutschland, es kann nicht auf seinen Wällen, sondern nur an der Gränze, wo der Feind steht, vertheidigt werden. Es existieren zehn Briefe, von dort vom ersten bis zum zwanzigsten Mai an Bennigsen geschrieben, in denen Abendroth ( welcher schon nach Altona gekommen war, um nach Beschaffenheit der Lage den Bürgern notwendige Ratschläge erteilen zu können) das vorschlug, was nach der Befreiung Hamburgs oder einem Waffenstillstand zuerst notwendig schien, (Wünsche worauf der Unterzeichnete bei der Capitulation von Hamburg Rücksicht zu nehmen gehorsamst bittet; Supplemente zu den Capitulations-Puncten; Puncte worauf der Unterzeichnete bei dem einzugehenden Waffenstillstand Rücksicht zu nehmen gehorsamst bittet; Supplement zu den Puncten beim Waffenstillstand oder sonst gleich zu beachten; Altona, den 1. bis 9.Mai 1814), oder die jüngsten Ausschreitungen oder Übeltaten der Franzosen offen legt (so klagte er am 7. Mai: Offiziere verkaufen Wein das Oxhoft zu 45 Mark Banco, in dem Augenblick wo 500 Oxhoft requirirt werden, ungeachtet noch über 1200 Oxhoft in den Magazinen sind; General Loison kauft jetzt Juwelen auf, welche leicht zu transportiren sind; gestern ist die Patentsteuer ausgeschrieben, obgleich in einer belagerten Stadt keine Geschäfte gemacht werden können), oder er zeigt seine vielfältige Sorge um das öffentliche Wohl, wie zuvor in der eingeschlossenen Stadt im Brief von 21. Mai findet sich: die französischen Behörden haben bekanntlich den Hamburgern alle Pferde weggenommen, sie theils todtgestochen, theils geschlachtet, theils zu ihrem Dienst genommen --- die Reinigung der Gassen und Wegholung des Unrathes hat gänzlich cessiren müssen, da alle Pferde uns fehlen; in einer aus einer Belagerung hervorgehenden Stadt ist der Stoff zu ansteckenden Krankheiten schon so häufig etc.). Auch Privatleute, von deren Einsatz und Sorge um den Staat er erfahren hatte, forderte er auf, vor Ort das zu übernehmen, was er in Abwesenheit nicht erledigen konnte. So schrieb er an den sehr verdiensten Knorr (18. März 1814): - Es haben mir mehrere Holzhändler angezeigt, dass noch wohl an 200,000 Stück Stabholz bei den verschiednen Officieren und employés sich befindet, welches zum Theil in nicht unbeträchtlichen Parteien zum Verkauf ausgeboten, zum Theil zersägt und ruinirt wird. --- Es scheint mir zweckmässig, dass die Commerz-Deputation sich dafür bei dem Herrn General Gerard verwende, dass alles dieses jetzt nicht mehr gebrauchte Holz im Werth von 250,000 Mark der Commerz-Deputation an einem näher zu bestimmenden Ort ausgeliefert werde um es nach gehöriger Dispachirung unter die Eigner zu vertheilen, und dass Alles später gefundene confiscirt und den Besitzern weggenommen werde. Derselbe fragte zur selben Zeit den Grafen Grote brieflich (9.Mai1814) fast dasselbe, was er auch von den Russen erbeten hatte, indem er wegen des Votums diesen freilich nicht zu verachtenden Rat anfügte: Wir wünschen, dass, um eine zwiefache Arbeit zu ersparen, und um das nur uns Hamburgern bekannte Interesse der Stadt wahrzunehmen, eine aus Hamburgern bestehende Commission als Hauptpartei bei der Unterhandlung zugezogen werden möge. Wer seine Aufzeichnungen konzentriert durchliest, in denen Abendroth zu dem Zeitpunkt entweder ganze Briefe, die an andere verschickt werden sollten, oder die Hauptsachen aufzuzeichnen pflegte, der wird letztendlich beurteilen können, wie engagiert A. die kleinsten wie die größten Angelegenheiten um ihretwillen in Angriff nahm und nehmen würde und wie viele und wie umfangreiche Staatsgeschäfte er allein auf sich genommen hat.

50.

Wie unablässig es von den meisten ausgenutzt wurde, dass Abendroth daran gewohnt war, mit Wünschen angerufen zu werden, wird aus dem Folgenden ersichtlich. Der angesehene Otto von Axen in einem Brief vom 16. Januar 1814: - Nun eine Sache, die mir von der äussertsten Wichtigkeit ist. Es scheint mir, dass Hamburg der Entscheidung seines endlichen Schicksals ganz nahe ist: und wie viel ist in diesem Fall i n und zunächst v o r der Stadt zu thun – wie nothwendig daher die Anwesenheit thätiger, geachteter Männer, die die Liebe und das Zutrauen der Mitbürger haben. Auf Beides haben Sie den ersten Anspruch – man sieht in der Stadt und erwartet viel auf und von Ihnen – nie, Gott gebe es! kann ein Zeitpunct wieder kommen, in dem Sie das im ganzen Umfang sein können, was Sie mir bei Ihrer Rathswahl sagten: n i e s o l l H a m u r g d i e s e W a h l g e r e u e n. Sie edler Freund haben immer Wort gehalten – Ihr Wahltag war ein Segen für die Stadt und wird es bleiben, wenn Sie sich nicht länger entfernt halten. Jetzt glaube ich, ist der Zeitpunct, dass Sie hier – in Flottbek oder Eppendorf – und mit Ihnen thätige Männer kämen. -- Wollt Ihr Hamburger ferner eurer Vaterstadt nützlich sein, so glaubt mir, jetzt oder nie ist die Zeit gekommen. -- Sie werden mir, lieber A., antworten, es sind kluge, umsichtige, thätige und Zutrauen verdienende Männer noch in Hamburg genug geblieben. Das ist es eben, dass Sie in Hamburg sind. Diese können nicht nach aussen wirken – und wie können sie, gedrückt von Sorge und Kummer, gelähmt von Furcht und Besorgnissen, denken und in dem entscheidenden Augenblick handeln. – Ich weiss, dass Sie keine ängstlichen Besorgnisse kennen, Sie haben Geistesstärke und Gesundheit mit dem reinsten Willen – Vaterlandsliebe ist ein hervorstechender Zug an Ihnen, und die Stimme eines alten Freundes, der so wie Sie seinen Geburtsort und dessen ehemalige glückliche Verfassung liebt, haben Sie nie überhört. Sie werden kommen. – Perthes an Carl Sieveking (Kiel, den 20. März 1814): - Ganz Ihrer Meinung bin ich, dass, da Abendroth der Einzige ist, der in Hamburg die materielle Grundlage aller besseren Entwicklung zu bereiten fähig ist, man sich ihm anschliessen muss. – Ferdinand Beneke an Mettlerkamp (Pinneberg, den 26. März 1814): - Abendroth’s Alleinherrschaft liegt in den Umständen, weil sich sonst gar kein Senator blicken lässt. - Als der Bremer Gesandte in den oben erwähnten Brief berichtet hatte, dass die Engländer sich über Abendroths beklagten, da dessen Autorität ihnen selber, die in Ritzebüttel nach Gutdünken handelten, lästig sei, schrieb aus Paris am 13. April, dass Münster von ihm selber über die Würde dieses Mannes und seine Bedeutung informiert worden sei: Münster findet Abendroth’s Auftreten ganz in Ordnung. – Ferdinand Beneke in einem Brief an Abendroth, Pinneberg, den 19. April: Aber, lieber Herr A., sobald Hamburg frei ist, kommen Sie doch hin? Mir deucht, das ist ganz unentbehrlich, dass Sie g l e i c h z u e r s t mit hineinkommen. Wie soll es sonst gehen? Wer soll denn dort sofort auftreten? Wer Namens des Staates dem General entgegenkommen? Wer soll? wer wird? wer mag? wer kann? Stäcker an A. (Blankenese, den 22. April): - Befriedigen Sie den Wunsch Ihrer Mitbürger, kommen Sie sobald als möglich zu uns. Die Befreiung Hamburgs kann ja nicht lange während, und Sie sind hier von der grössten Wichtigkeit, damit, wenn Hamburg frei wird, Sie sogleich an der Spitze stehen. – Axen an A. (Altona, den 26. April): - Alle Ihre und Hamburgs Freunde sind der Meinung, dass Sie doch so schnell wie möglich kommen müssen – sonst geschieht wieder was Halbes. – Carl Sieveking in einem Brief an A. (Blankenese, den 22. April 1814): - Es scheint als suche der Marschall noch vorläufig Zeit zu gewinnen, um seine Privatbedingungen zu machen. General Bennigsen ist mit der Abfassung der Convention beauftragt. Wenn ich auch glaube, dass jetzt die Bankforderung durch unmittelbare Verhandlung mit der französischen Regierung zu liquidiren ist, und dass man einen grossen Theil unserer Ansprüche ajourniren, ja vielleicht in der Folge für bleibende Handelsvortheile und Zollfreiheit aufopfern muss, so wäre es doch wohl möglich, dass in der Räumungs-Convention Eins oder das Andere zum Besten unserer Mitbürger stipulirt würde. Auf der anderen Seite wird der Wunsch, dass in Hamburg eine provisorische Behörde niedergesetzt werde, an deren Spitze die öffentliche Meinung Sie ruft, immer lauter und allgemeiner. Man fragt sich, ob dazu die einleitenden Schritte geschehen seien, und wenn auch unterrichtete Personen sich berechtigt glauben, dies anzunehmen, so wird man sich doch erst beruhigen, wenn Sie sich in der Nähe des Hauptquartiers aufhalten. Zwar wage ich nicht zu entscheiden, wie nöthig Ihre Gegenwart in Ritzebüttel ist; hier aber wird sie sehnlich gewünscht. Perthes ist mit seiner Familie hier. Wir alle sehen in Ihnen den einzigen Mann --- der zwischen den Anforderungen des Augenblicks und dem Erbtheil der Vergangenheit auf eine würdige Weise vermittelnd auftreten kann.

45.

Perthes in einem Brief an Mettlerkamp (Kiel, den 22. Februar 1814). In Lübeck habe ich Einleitung getroffen, zu einer Centralbehörde für die eingehenden Unterstützungsgelder, und Altona, Lübeck und Bremen ersucht, uns für die kronprinzlichen Gelder bestellten Männern noch den Präses der Commission in jeder Stadt beizugesellen und als 7ten, und Vorsitzenden, Herrn Senator Abendroth beizufügen. Mit dieser ungeheuer bedrückenden Angelegenheit, die im allgemeinen Durcheinander und in der Unordnung von da aus scheinbar nachdrücklicher in Angriff genommen werden könnte, verhielt es sich folgendermaßen: Unter den Vertriebenen waren nicht wenige im Militärdienstalter. Auf Befehl Bernadottes waren sie zu den Truppen hinzugestoßen, die unter der Führung von Mettlerkamp die Waffen ergriffen hatten, aber nicht, um als Soldaten zu dienen und den Kriegsdienst aufzunehmen, sondern um zu beweisen, dass sie bereit waren, den Tod für die Wiedereroberung der Stadt in Kauf zu nehmen. Da aber jene Rekruten äußersten Mangel an allem litten, brachten sie den Feldherrn in nicht geringe Schwierigkeiten, da er über nichts verfügte, um ihnen Waffen, Kleidung und Lebensunterhalt bereit zu stellen. Wer hätte angesichts dieser Tatsache da nicht an das für die Vertriebenen bereitgestellte Geld gedacht. Dies war jedoch durch eine restriktive Auflage blockiert. Nur sehr wenige aus dem nicht kleinen Band hervorsuchte Briefen scheinen zu belegen, was Licht auf diese sehr wenig aufklärte Angelegenheit werfen und beweisen könnte: dass diese nicht erbrachte Leistung auf der Unterschiedlichkeit der Meinungen und nicht auf irgendeiner fremden Absicht beruhte. Abendroth hatte Mettlerkamp über seine Absicht von Anfang an informiert (Rellingen, den 16. Februar 1814): - Sowohl Sie als die alte Bürgergarde haben es sehr um Hamburg verdient, dass wir Alle uns alle Mühe geben, sie aus der Verlegenheit (wegen der der Bürgergarde zugewiesenen Vertriebenen) zu ziehen; Sie sehen aber, dass dieses nicht ohne große Schwierigkeiten geschehen kann. Perthes schrieb an Abendroth (Kiel, den 15. März 1814): Mettlerkamp hat mir einen ziemlich lebhaften Brief geschrieben, mit einigen Vorwürfen über Nichthülfe vermischt! – aber in der Sache hat er Recht! geholfen mus ihm aus der Verlegenheit werden. Der Kronprinz hat 40,000 Mark Banco (?) complet bezahlt, hätte er gesagt, 10,000 davon sind für die Bürgergarde, so müssten wir auch zufrieden sein. Derselbe hatte schon am 10. des Monats an Mettlerkamp geschrieben: Wer ist die Committee für die Vertriebenen? Mein lieber M., das ist die Centalbehörde, die ich stiften will. -- Die Commissionen der drei Städte haben Ihnen keine Recruten aufgedrungen, und dürfen Nichts von den Geldern abgeben für Bewaffnete. Also die Commission die vom Kronprinzen eingesetzt ist für die 40,000 Mark? Davon haben wir 24,000 erhalten – kein Schilling davon ist übrig, da Altona jeden Tag 1000 und Lübeck jeden Tag 1000 gebraucht. (Gansland kündigte am 19. März Mettlerkamp Folgendes an: Im Ganzen sind Courant 25,000 für die Hamburger hier vorhanden – darunter 600 Kranke. Es reicht aus noch auf 3 Wochen.) Perthes an Mettlerkamp (Kiel, den 18. März 1814): - Ein Engländer war hier der neben anderen Geschäften so zu sagen eine Inspectionsreise machte von Seiten der Committee, die Gelder gesandt hat. Von der zweiten Committee habe ich schon wegen der an die Bürgergarde gegebenen 200 Louisd’or einen Verweis erhalten.

Da Bennigsen in seinem Namen das Geld dafür auszugeben drängte und gleichsam es zu befehlen schien, teilte Perthes ihm mit, dass dies ein sehr schlechtes Beispiel für die Zukunft sein würde, weil bewaffnete Heerführer Geld von den eingeschüchterten Magistraten für militärische Zwecke fordern und erhalten könnten. Wenn man die ganze Angelegenheit betrachtet, so fürchte ich, dass dies nicht falsch, sondern aus einem sehr wohl anzunehmenden Grunde ziemlich ernst und traurig ausgesprochen zu sein schien.

Perthes an Abendroth am 26. März. -- Dies Fordern (von Seiten von Militair-Corps, Chefs, Officieren) nicht zu gestatten, ist ein Hauptgesichtspunct für städtische Behörden jetzt und künftig. Ebenso überzeugt bin ich aber auch, dass es Pflicht und Recht ist Mettlerkamp zu helfen. Dem russischen General Oppermann schrieb Perthes am selben Tag Folgendes:

In Lübeck hat man bereits 91,000 Mark? ausgegeben, in Altona 95,000. Der Magistrat verlangt Garantie für die künftige Ernährung der Armen. Dazu kömmt ein Umstand der vorsichtig will behandelt sein. Der grösste Posten ist Ł 6 bis 8000, wovon aber nach ausdrücklicher Verordnung Nichts an Waffentragende soll ausgegeben werdem , weil das mehrste Geld dabei von Quäkern ist. An einem andern Ort sollen noch Ł 2000 fest liegen, weil schon von der Bürgergarde gesprochen worden ist. Nach Bremen sind alle Neuausgetriebenen und alle Nachgetriebenen geströmt. Abendroth an Mettlerkamp (Ritzebüttel, den 9. April 1814): - Sie werden schon wissen, dass es mir gelungen ist, bei der Centralcommisson es zu bewirken, dass 2000 Mark zur Anschaffung von Hemden und Schuhen für die Bürgergarde, jedoch nicht als solche, sondern als hülflose vertriebene Hamburger ausgesetzt sind. --- Sie werden sich jetzt nachgerade überzeugt haben, dass die Schwierigkeiten in dieser Sache nicht von mir herrühren. – Schaffen Sie uns Hamburg nur recht bald. – Leben Sie herzlich wohl, Gott segne Sie. Diesem schrieb Mettlerkamp zurück (Bergedorf, am 14. April 1814): - Wie gerne, mein werther Herr Senator, schaffe ich Ihnen Hamburg frei! Aber Lorbeern hat uns allen der Feldzug in diesem Winkel Deutschlands nicht viel getragen. Im übrigen war die Knappheit des für diese Zwecke bestimmte Geld derart, dass angesichts der sofortigen dringenden Hilfspflicht man gezwungen war, Anleihen quasi im öffentlichen Namen vorzunehmen und sich durch die Bürgschaft einzelner Bürger öffentlich zu verpflichten.

Perthes an Abendroth in dem schon zitierten Brief vom 26. März aus Kiel: Wenn wir zusammenkommen und für die Verwiesenen überhaupt Rath schaffen müssen, wenn die Cassen nichts haben, muss auch dafür Rath geschafft werden. Können wir nicht anders, so müssen Sie, nach meiner Meinung, mit alten Senatoren – wir Bürger mit andern erbgesessenen, besonders älteren, zusammentreten und eine Anleihe machen; hier ist man einer solchen Maasregel geneigt, auch Oppenheimer, der vor einigen Tagen nach Lübeck mit seiner Familie gegangen ist, war der Meinung, dass man so leicht auf gute Bedingungen Geld bekommen würde. Perthes (Kiel, am 15. März 1814) erzählt, dass dies, um den gegenwärtigen Mangel abzumildern, von ihm schon durch eigene Bürgschaft abgesichert versucht worden sei.: - Da wir nicht darauf warten können (Er deutet den Vorgang nach London abgesandter Briefe an), so habe ich einen zweiten Versuch gemacht und hier unter angegebener Ersetzungshoffnung angeliehen. Es wird aber nicht sehr gelingen. Senator Gabe, Sonntag und Oppenheimer haben unterschrieben, aber – und – widersetzen sich dieser h ö c h s t g e f ä h r l i c h e n Sache. Er fügt später hinzu: - Die 240 Ld’or, die ich an Mettlerkamp übermacht habe, ist eine Anleihe, die von den ersten eingehenden Geldern wieder ersetzt werden muss.

46.

In einem Zusatz an die Aufträge, die Colquhoun und Hess übermittelt worden waren, ist im letzten Absatz über das Nichtabtragen der Wälle von der Hand Abendroths angemerkt: - Es ist deshalb an den Herzog von Cambridge und nach London geschrieben, die Sache ist zu unserem Vorteil erledigt. Aus den unedierten Berichten Wächters scheint Folgendes mitteilenswert:- Der General Montesquiou benahm sich als ein wahrer Edelmann. – Die Landesausgaben vom 8. Mai bis December 1813 ohne Einquartierungskosten beliefen sich auf 227,797 Mark Courant (in den ersten Monaten ward 1 Mark für 1 Officier gerechnet, aber die Officiere verzehrten täglich für Rechnung der Wirthe 6-8 Mark). Die russische Besatzung kostete in 7 Tagen 10,780 Mark Courant ohne Kosten in den Quartieren.

47.

Seidel schrieb aus dem Lager der Bürgergarde (Pinneberg, den 7. März) an Abendroth: Auf mehrere eingereichte Klagen der Einwohner von Dörfern, Hamburger Jurisdiction unterworfen, über Bedrückungen und Unordnungen aller Art, ist von denselben Sr. Excellenz dem General en Chef der Wunsch eröffnet worden, eine Landespolicei zu erhalten. Es ist wichtig, dass dieses so schnell als möglich effectuirt werde, um endlich den vielen Missbräuchen im Requisitionswesen auch dänischen Eingriffen, Schranken zu setzen. Aus diesem Grunde würde es Sr. Excellenz sehr angenehm sein, Ew. Wohlgeboren je eher je lieber in gedachter Angelegenheit zu sprechen, und werden Sie hierzu von mir ergebenst eingeladen. Vorläufig habe ich die Ehre, Ihnen beifolgende Instruction für einen gewissen Hrn. v. Lamang zur Durchsicht und mit der Bitte zuzusenden, mir Ihr Urtheil darüber so schnell als möglich bekannt zu machen, und ob Sie bereits eine Instruction für Denjenigen entworfen, den Sie vielleicht schon zu Policeiverwaltung im Hamburger District gewählt haben – in welchem Fall ich sehr wünschte, sie mit der gegenwärtigen als vom General confirmirt zu vereinigen – um in vorkommenden Fällen, in welchen man sich an die K. Russ. Policeibehörde wendet, alle Collisionen mit der Ihrigen zu vermeiden. Noch bemerke ich hier, dass der proponirte Herr Lamang zu Tettenborns Zeiten in der Function quaestionis angestellt gewesen und laut der Briefe darüber sich die Zufriedenheit der Einwohner des Hamburger Gebiets erworben hat. Perthes an Abendroth (Kiel, den 15, März 1814): - Auch weiss ich, dass dänische Behörden sich wundern, dass niemand von den Hamburgern dort (in Pinneberg) sei, da doch unter Andern auch über und für das Hamburgische von Russen besetzte Gebiet, was gänzlich ruinirt würde, zu sprechen sei. Hübb, ein emsiger, unbescholtener Mann und, wo auch immer er privatem oder öffentlichem Nutzen dienlich sein konnte, unermüdlich, beklagte sich über den Zustand des Landstriches am Fluss Bille, wo er selber eine geistliche Stelle innehatte, in einem Brief an Abendroth. Allermöhe, den 16. März:- Die traurige Lage, in der sich unsere Ländereien befinden, haben sie mit den übrigen umliegenden Gegenden gemein, und müssen dieselbe tragen, bis es Gott gefällt uns die Last abzunehmen. Allein sie wird dadurch gar sehr verschlimmert, dass wir so ganz und gar Schutz- und Herrenlos sind, gar keinen Vertreter und Fürsprecher haben- - Die Billseite hat sich von der Elbseite losgesagt. Nun sucht eine jede dieser beiden Parteien die Last möglichst von sich ab und auf andere zu wälzen. Der vernünftigere Theil ist an Zahl der kleinste und wird überstimmt und überschrieen. Bisher habe ich Alles gethan was in meinen Kräften stand, um dem Uebel zu steuern, aber es übersteigt meine Kräfte. Dazu kömmt nun noch, dass wir für unsere inneren Angelegenheiten ohne Behörde sind, kein Recht, keinen Schutz und keinen Richter mehr haben. Man stiehlt frank und frei, weil man keine Obrigkeit zu fürchten hat. Kurz wir leben in der völligen Anarchie. Es wäre daher eine grosse Wohlthat für das Land, wenn sich Einer der ausserhalb Hamburgs befindlichen Mitglieder des Senats als unsere Obrigkeit einsetzte, theils um uns zu vertreten, theils um die innere Ordnung zu handhaben. Es wird dieses auch sehr von den russischen Herren Generalen gewünscht, und es sind manche Anordnungen deshalb an mich ergangen, um dieses zu befördern. Ich sehe sehr wohl ein, dass es immer etwas misslich ist, sich selbst also zu constituiren, und dass Mancher vielleicht die Folgen fürchtet, im Fall unsere bisherigen Herren, wenn auch nur auf eine kurze Zeit, die Oberhand wieder bekämen. So wenig man nun die Zukunft voraussehen kann, so ist ein solches Ereignis doch höchst unwahrscheinlich, und würde doch die Lage der Sachen selbst eine hinreichende Entschuldigung sein. Wie glücklich hätten wir uns zu schätzen, wenn Ihre Lage und anderweitige Thätigkeit es Ihnen erlaubten, uns unter den Schatten Ihrer Flügel und Ihren Wohnsitz in Billwärder zu nehmen. Ich biete Ihnen dazu mein Haus an, welches mir aus vieler Rücksicht dazu wohlgelegen zu sein scheint. Stünden aber diesem Wunsche unübersteigliche Hindernisse im Wege, so geben Sie uns einen anderen tüchtigen und rechtschaffenen entschlossenen Mann, welcher unser mast- und ruderloses Schifflein zu regieren versteht. Mit Freuden will ich sein Helfer und Handlanger sein. Fände sich nur erst ein solcher, so wäre ja wohl von dem Herrn General en Chef eine förmliche Einsetzung desselben zu erlangen. – F. Beneke an Mettlerkamp (Pinneberg, den 21.März 1814): Gestern Vormittag traf Abendroth in Pinneberg ein. – Mein angelegentlicher Wunsch, sich eine aus Senatoren bestehende provisorische Hamburgische Behörde zu sehen, bleibt unerfüllt, dagegen sollen andere Landdistricts-Vorsteher bestellt werden, welche, wie Abendroth hofft, General Bennigsen berufen soll. Abendroth hat Palm gewählt für die Alster, Tode, wenn er will, für den Billdistrict.- Von Beseler, ein sehr angesehener Mann (der sich zu dem Zeitpunkt im Lager der Bürgergarde aufhielt, um die öffentliche Verbindung nach Amsterdam erneut wiederherszustellen) schrieb an Abendroth (Pinneberg, am 27. März 1814): - Gestern Abend traf ich Dr. Beneke beim Major von Wedel; er erzählte, dass Dr. Tode ihm geschrieben, und die von Ihnen zugedachte Stelle nicht eher antreten wolle, bis er gehörig angestellt wäre. Major von Wedel meinte aber, der General Bennigsen würde gewiss keine Anstellung ausfertigen lassen, da es kein feindliches Gebiet sei, in welchem er allenfalls befugt sei, sich in das Innere einzumischen. Hier sei es ganz der Hamburger eigne Sache. Ich bemerkte, dass es wohl nur auf eine Anerkennung von dem höchst-commandirenden General ankäme. Warum, entgegnete Major von Wedel, schreibt Herr Senator Abendroth denn darum nicht officiell an den General; auf eine officielle Anfrage erfolgt eine officielle Antwort. – N.S. So eben habe ich den Dr. Palm gesprochen und mit Vergnügen von ihm gehört, dass er eine Anstellung vom General Oppermann erhalten werde, und die Sache also ganz in Ordnung kommen wird. Dr. Palm versichert mich, dass ein solches Document zu seiner Autorisation durchaus nothwendig sei. Da ich schon durch meinen Bürgereid verpflichtet bin, Anzeige von Allem zu machen: wat wedder düssen Rade un düsser Stadt is, und ich allerdings das Gebiet zur Stadt rechne, so hoffe ich, werden Ew. Wohlgeb. mir diese Anzeige nicht verargen, wenn es auch sonst das Ansehen haben möchte, als wenn ich mich um eine Sache bekümmert hätte, die mich sonst wenigstens directe Nichts angeht. Tode an Abendroth (Allermöhe, den 24. April 1814): - Am 30. März habe ich die Bestätigung des Herrn Generals von Bennigsen mit der von Ew. Wohlgeb. abgefassten Instruction erhalten und Herr Pastor Hübbe hat nicht nur die Gefälligkeit gehabt, mir in seinem Hause ein Local einzuräumen, sondern auch die Stelle eines Adjuncten für den District von Billwärder an der Elbe zu übernehmen. Sein Rath ist mir von ungemein großem Nutzen, da die Verwirrung in der ohne alle Aufsicht gebleibenen und überaus hart mitgenommenen Landschaft auf den höchsten Gipfel gestiegen ist. F.Beneke an Abendroth (Pinneberg, den 2. April 1814): - Es war dem Herrn General von Bennigsen sehr unlieb, Sie nicht gesprochen zu haben. Die Landdistricts-Vorsteher sind von ihm keineswegs ernannt, oder autorisirt, weil er dabei bleibt, sich nicht in unsere inneren Angelegenheiten mischen zu wollen. Da er sie aber als Hamburger Seits bestellt ansieht, so erkennt er sie an, bestätigt sie, hilft ihnen, und da alle Aussicht ist, dass die Sache so geht, so hoffe ich, die Herren Palm und Tode werden damit friedlich sein und bleiben, und auf kein weiteres Hindernis stossen. – Derselbe an denselben (Pinneberg, den 13. April 1814): - General Bennigsen leugnet bei jeder Gelegenheit, die Districts-Vorsteher ernannt zu haben; er sagt, das sehe er als von Ihnen Namens des Senats geschehen an – aber natürlich anerkenne er sie und unterstütze sie. Da nun die Vorsteher selbst damit zufrieden sind, so lange ihnen nichts Widerstehendes begegnet, so geht es gut, und es wird auch wohl bis zu Ende gut gehen. Tode an Abendroth (Allermöhe, den 8. April 1814).- Für den Monat März habe ich 4650 Portionen und 226 Mark Magazinkosten abgeliefert, jetzt droht man mit Execution, wenn nicht für April und Mai geliefert wird. Es kann dieses keine andere Folge haben, als dass die wenigen hiesigen Einwohner, welche noch etwas zu verlieren haben, ihr letztes Vieh verkaufen und mit Zurücklassung ihrer leeren Häuser, da fast alle Mobilien zerschlagen oder verbrannt sind, davon gehen. Hübb an Abendroth (Allermöhe, den 17. April): - Der Herr Dr. Tode nimmt sich der Sache sehr kräftig an, aber seine Kräfte reichen bei weitem nicht hin, allem Uebel abzuhelfen und würden auch nicht hinreichen, wenn sie verzehnfacht würden. Sie können sich von der heillosen Unordnung keinen Begriff machen, welche unter dem Militär herrscht. Es wird nun 17 Wochen, seit wir diese Last tragen, ohne der vorhergegangenen zu gedenken. Lange kann es nicht mehr so währen, wenn nicht die Einwohner davon gehen sollen, welches zum Theil schon geschehen ist. – Der arme Tode ärgert sich sein Theil daran; ich wollte, dass er Etwas von Ihrer, erlauben Sie mir zu sagen, Fidelität hätte. Tode (Allermöhe, den 18. Mai 1814), dass durch die Einwirkung von Abendroth die Lasten ein wenig leichter waren: - Wir sehen dem endlichen Zeitpunkt unsrer gänzlichen Befreiung von der zwar etwas erleichterten, aber doch noch immer sehr hart drückenden Einquartierung mit grossem Verlangen entgegen. Obgleich die Schleusen geöffnet sind, läuft das Wasser doch nur langsam ab, und die frei gewordenen Strecken müssen erst austrocknen, ehe an eine Bearbeitung zu denken ist. Indessen gewinnen die Leute doch immer mehr Muth, und sie sind nicht mehr ganz so niedergeschlagen wie vordem.

48.

Ferdinand Benecke unterrichtete Mettlerkamp (Lübeck, den 4.Januar 1814), dass sowohl im Lübecker wie im Bremer Senat ein Bericht vorgetragen sei im Namen derer, die dies über ihre Amtspflicht hinaus auf sich genommen hätten, dass in jedem der beiden Senate eine Danksagung beschlossen worden sei: - Unsrem hanseatischen Directorium ist auf geschehene mündliche Relation sowohl vom Senat zu Bremen als vom Senat zu Lübeck für das Geschehene Dank votirt worden. Ungefähr zur selben Zeit verkündeten die Hamburger, die an derselben Versammlung teilnahmen, dass sie vom Amt, das sie um des Staates willen übernommen hatten, zurücktreten wollten. Nach ihrer Veröffentlichung gelangte eine vollständige Dokumentation, die von der Hand Sievekings und Perthes bestätigt war, unter die Papiere Abendroths. Es scheint mir der Mühe Wert zu sein, diese vollständig wiederzugeben, da nur ein Teil des Schreibens in der vom Sohn herausgegebenen Lebensbeschreibung von Perthes allgemein bekannt geworden is. Sie ist von folgendem Tenor: - Nach dem Fall der Städte Hamburg und Lübeck blieben manche Angelegenheiten, die eine Berathung unter den ausgewanderten Bürgern wünschenswerth erscheinen lassen. Die hanseatische Legion, die, ohne einen eigentlichen Vertreter, doch in mehr als einem Betracht von ihren Mutterstädten nicht ganz abgelöst war, die auf den Wunsch des Kronprinzen von Schweden neu versammelte Bürgergarde, endlich eine Anzahl hülfsbedürftiger Landsleute erheischten einen Verein wohlgesinnter Männer, der den für ihr Bestes nöthigen Verwendungen ein Gewicht verleihe, was der Einzelne nur in seltenen Fällen sich zu erwerben vermag. In dieser Absicht schlossen die Deputirten der Städte im Hauptquartier der Nord-Armee, die ihren öffentlichen Charakter behauptet hatten, sich unter ihren Mitbürgern, die Zufall und Unglück zusammenführte, diejenigen näher an, die mit dem Wunsch, sich thätig zu bezeugen, einen unbefleckten Namen, einiges Geschick zu schriftlicher und mündlicher Auseinandersetzung, eine dem Geist der Zeit entsprechende Gesinnung, Verbindungen oder einen selbstgeschaffenen Wirkungskreis vereinigten. Es entstand ein Ausschuss, dessen Dasein denjenigen Behörden angezeigt wurde, mit denen er in Geschäftsberührung sich zu setzen für dienlich erachtete. Mitglieder dieses Ausschusses waren es, denen die Subscribenten bedeutender Summen in England ihre Verwendung anvertrauten und die, während der Deputirte des Hamburger Senats seiner ursprünglichen Bestimmung folgen musste, in Gemeinschaft mit dem achtungswerthen Abgeordneten von Lübeck den manchmal beschwerlichen Beruf übernahmen, durch Aufklärung und Vermittlung, durch Briefwechsel und Reisen, die Lage der Bewaffneten zu befestigen und zu verbessern und die freie Zukunft der Vaterstädte, so weit es in ihren Kräften stand, herbeizuführen oder zu beschleunigen. Wenn dieser Beruf, der ihnen mehr aufgedrungen als von ihnen ausgesucht wurde, nach und nach ihre Kreise erweiterte, ja den Schritten, die sie darin thun mussten, beinahe den Abglanz einer öffentlichen Bevollmächtigung verlieh, so halten sie sich doch, nachdem zwei der Hansestädte befreit sind, nachdem so viele Mitglieder des alten Senats von Hamburg, so viele in Geschäften mehr als sie bewanderte Bürger dieser Stadt sich dem französischen Einfluss entzogen habe, keineswegs fernerhin für befugt sich um die Angelegenheiten der Städte unaufgerufen zu bekümmern. Sie haben den Senats-Commissionen in Bremen und Lübeck Kenntnis von dem unter ihnen bestandenen Verein und diejenigen Aufklärungen über die Verhältnisse der Hansestädte gegeben, die sie sich durch ihre Verbindungen verschaffen konnten. In beiden Städten hat man mit Zufriedenheit ihre Bemühungen anerkannt. Mit eben dem Vertrauen werden sie den Männern, die sie als die Ersten der Stadt Hamburg zu ehren gewohnt sind, die ganze Sammlung von Papieren vorlegen, die für die Zukunft dieser Stadt oder für die Wohlfahrt ihrer Angehörigen nicht ganz ohne Bedeutung sind. Sie fordern diese Männer auf, in der zuversichtlichen Hoffnung einer nahen Befreiung von Hamburg, Maasregeln zu treffen, wodurch diese Stadt in dem Verein ihrer Schwesterstädte, wie es so manche Angelegenheit dringend erfordert, auf die möglichst schickliche Weise vorläufig vertreten werde. Flottbeck, Januar 6., 1814. K. Sieveking. Friedrich Perthes. – Aus dem, was wir anfügen, wird deutlich werden, wie von den Männern mit äußerst unterschiedlichen Tendenzen darauf hingewirkt wurde, die Notwendigkeit ihres Engagements zu erklären und mit welcher Zuversicht sie Abendroth, aufgefordert hatten, dass er selber federführend daran teilhabe. F. Beneke (Lübeck, den 8.Februar):- Ich weiss keinen anderen Rath, als dass sich aus den ausgewanderten Senatsmitgliedern (allenfalls mit Zuziehung einiger ausgewanderter Bürger) unverzüglich ein Verein mit vorweg genommenem Mandat bildet – jene Ideen, soviel davon vonnöthen, in einen Aufsatz bringt, und solche dem die befreienden Truppen en chef commandirenden General mit den nöthigen Anheimstellungen übergiebt. Derselbe an Abendroth (Pinneberg, den 13. März 1814): - Ich bitte Sie, verlassen Sie unser armes verwaistes Hamburg nicht – alle Ihre bisherigen Schritte bezeichnen Sie ja auch als den Einzigen unter den Ausgewanderten, der sich der Sache annimmt. Die in einem hohen Grade zunehmende Anarchie in den befreiten Hamburgischen Landstrichen; die förmliche Deputation abseiten einer Hamburgischen Behörde in das grosse Hauptquartier (einstweilen freilich durch Capeaurouge und Gries vertreten); die dringenden Hanseatischen Gemein-Angelegenheiten, die Sache der Legion etc.; endlich die feste Verabredung der ersten vorläufigen Maasregeln in dem befreieten Hamburg – alles das sind in wenig Worten doch der Gründe genug, um so b a l d a l s m ö g l i c h eine provisorische Hamburgische Behörde zu bestellen. General Graf Benningsen wünscht es dringend. Die verbündeten Fürsten verlangen es. Stein zürnt, dass es n i c h t geschieht. Anerkannt und kräftig geschützt in all ihrem Thun würde eine solche Behörde also von allen Seiten her werden. Die ausgewanderten Hamburger tadeln laut den Mangel derselben. Die drinnen können nicht anders, als es wünschen. Die Bewohner des Gebietes sind in halber Verzweiflung, und machen jedem Bürger der Stadt, den ihre Klagen erreichen, Vorwürfe. Kurz, mit deucht, für die ausgewanderten Herren des Senats wäre m e h r als ein vorweg genommenes Mandat dazu da. Friedrich Ludwig Schröder ( der, wie wir oben in Erinnerung brachten, mit Bennigsen eng vertraut war) an Abendroth (Rellingen, den 16. März 1814): - Dass Dr. Benneke seit dem 6ten in Pinneberg ist, wird er Ihnen wohl selbst gemeldet haben. Ich habe den Grafen ersucht, dass er ihn in seiner Suite behalten möge, wo er nützlicher sein kann, als in Bergedorf. Ich halte es aber für sehr nothwendig, dass Sie selbst Ihren Aufenthalt in Pinneberg nehmen, da gegen Hamburg Ernst soll gebraucht werden, sobald die Elbe aufgeht. Nach meinem Ermessen ist es die höchste Zeit, dass eine Hamburgische Autoritaet ausser Hamburg sich versammelt uns constituirt, wozu Bennigsen gewiss die Hand bieten wird. Smidt endlich, der neue Perikles, schrieb aus dem Heerlager der Alliierten (Chaumont, den 22. März 1814), an den Bremer Senat: -

Warum gehen die ausgewanderten Mitglieder des Hamburgischen Senats und des Bürgerconvents nicht nach Cuxhaven, constituieren sich dort und fangen ihr Regiment wieder an? Gries billigt diesen Gedanken. Die Männer, die aber dieses Vorgehen sehr empfohlen hatten, begannen nach und nach, indem sie zögerten oder öffentlich trotz ihrer Eignung davon Abstand nahmen, an der gerechten Zusammensetzung und an der Versammlung selber zu zweifeln und die ganze Hoffnung auf den Einsatz von einzelnen zu setzen. Auf dies wies Carl Sieveking mahnend, als er Abendroth das Folgende schrieb (Flottbek, den 18. März 1814): - Das Gerücht Ihrer Rückkehr in unsre Gegend hat sich von Zeit zu Zeit erneuert. Ich wünsche sehnlich, dass es wenigstens ein Vorspuk war. -- Bis zu der Einnahme Hamburgs fürchte ich wird es kaum möglich sein, den einzelnen Bemühungen für das Beste der Stadt und der Ausgewanderten Zusammenhang und Folge zu verschaffen. Gewiss würde sich Alles, was es mit der Stadt wohl meint, Ihnen zu dem Behuf gern anschliessen, indes ich fange an zu begreifen, dass Manches Sie abhalten kann, Ihre Kraft nicht in einer Wirksamkeit, der es doch an gehörigem Nachdruck fehlt, vor der Zeit zu zersplittern. Für die verhältnismässige Vertheilung der Beiträge an die Ausgewanderten scheint bis auf einen gewissen Grad gesorgt, für ihre zweckmässige Anwendung bürgt die thätige Aufopferung derer, die in Altona, Lübeck und Bremen diese Angelegenheit in Händen haben. Smidt, Gries und Dechapeaurouge sind hoffentlich jetzt vereint im Stande, darüber zu wachen, dass keine Maasregel genommen werde, die den künftigen Wohlstand unserer Stadt gefährden könnte und ihre baldige Befreiung in Anregung zu bringen. Colquhoun, Hess, Matthiessen, Parish lassen es sich gewiss angelegen sein, soweit vor der Hand erforderlich ist, das Wohlwollen der englischen Regierung für Hamburg in Anspruch zu nehmen.

49.

Dass er Abgesandten Aufträge erteilte und wie er Ratschläge bei der Verwaltung der Hoheitsgebiete gab, ist hinreichend dargestellt. Er selber ließ den Nachbarverwaltungen nicht selten Rat zukommen oder ermahnte sie dazu, die Hamburger Interessen zu wahren, die keineswegs zu ihrem eigenen Nutzen in Widerspruch stehen könnten. Ein erstes Beispiel der Art habe ich gefunden, das bisher in Kiel lag. Er bat im Februar das höchste Gremium in Hannover, dass das einst in öffentlichem Namen aufgenommene Geld gemäß vereinbarter Verpflichtung ordnungsgemäß zurückzuzahlen sei: - Bei meinen schon ziemlich weit avancirten Vorarbeiten, wie mit Ruhe und Ordnung unser kleiner Staat wiederherzustellen und auf welche Mittel man rechnen könne, habe ich auch ganz besonders auf die von der Stadt Hamburg den H a n n o v e r – s c h e n L a n d s t ä n d e n gemachte Anleihe sehen müssen. Es ist dies baar von uns erhobene Geld wirklich von den derzeitigen Ständen zum Besten des Landes verwandt. Für uns ist es höchst wichtig, dass man dem Publicum gleich bei unserer Befreiung darüber eine Versicherung zu geben im Stande sei. Die Bedürfnisse der Kurstaaten während dieser Zeit der letzten Anstrengung werden höchst wahrscheinlich so gross sein, dass in diesen Zeiten weder an Bezahlung der Zinsen noch des Capitals gedacht werden kann, allein dies ist auch keineswegs erforderlich, es genügt, dass Eure Excellencen nur sich über die Schuld selbst geneigtest erklären und wir werden bei der hohen Achtung, die das Kurbraunschweigische Gouvernement allenthalben geniesst, schon Mittel finden Geld darauf anzuleihen. - Er ergriff eine andere Gelegenheit, sich mit den Rat von Stade und dem Präfekten Blücher von Altona über diese Angelegenheit auszutauschen. Freilich war er darüber informiert, dass Franzosen in Altona Silbermünzen (die viel weniger an Gewicht hatten) sehr häufig gegen goldene eintauschten. Es sei offenkundig, dass dieselben einen allerdings enormen Preis gern zahlten und dass sie Gelegenheit suchten, die auf anrüchige Weise erworbene Beute ziemlich leicht vom Ort wegzubewegen. Ja, es würden sogar mit Silber beladene Wagen weggeführt, das in verdammenswürdigem, schändlichen Vorgehen nicht aus dem Besitz der Bürgerschaft, sondern aus dem gemeinsamen, überaus bekannten Habe der Kaufleute aller Länder gestohlen worden sei. Axen hatte die erste Nachricht davon verbreitet (Altona, den 15. April): - Die Louisd’or werden stark eingewechselt, sie gelten in Hamburg 15 Mark 8 Shilling), daraufhin Staecker (Blankenese, den 19. April) : - In Altona wechseln die Franzosen Nichts als Louisd’or ein, um den Raub ziemlich bequem transportiren zu können; sie bezahlen den Louisd’or mit 16 bis 17 Mark; es wäre doch ärgerlich, wenn diese Menschen noch so viel Gestohlenes mitnehmen sollten. Genaueres schrieb Heinrich Droopam 22. April über diese Angelegeneheit an Abendroth. Droop, ein herausragender Bremer Zeitgenosse, fordert jenen auf, von Bennigsen und nicht von den Hannoveranischen oder Holsteinischen Magistraten die nötigen Anweisungen zu erwirken und dafür Sorge zu tragen, dass folgende gesetzliche Regelung bei der Übergabe Hamburgs den Feinden aufzuerlegen sei:

„Davoust Namens der Verbündeten oder auch der neuen Regierung Frankreichs zu verpflichten, sogleich nach seinem Auszuge Rechnung über die der Bank entwendeten 14 bis 15 Millionen Franken abzulegen und für Alles persönlich verantwortlich zu sein, was die französische Regierung nicht als für den Dienst ausgegeben bewiesen achten wird“. Derselbe fügte dies hinzu: An wen aber könnten wir Ausgewanderten uns mit diesen Wünschen wenden, als an Sie, werther Herr Senator, der Sie nicht allein mit dem General Bennigsen breits bekannt sind und die Functionen Ihrer Würde bereits ausüben, sondern auch, während Andere schlafen, bereits thätigst für das künftige Wohl Hamburgs gearbeitet haben? Gewiss werden Sie auch gern jene Wünsche prüfen und wenn Sie sie ausführbar finden, Hand an’s Werk legen. Diese Erwartung hege ich um so gewisser, da ich von Freund Parish weiss, dass Sie nach Ihrem Briefe an ihn vom 9. keineswegs in Ritzebüttel zu bleiben, sondern sich dahin zu verfügen dachten, wo Sie unserer misshandelten Stadt werden nützen können. Und Abendroth untersuchte nicht nur diese Wünsche, sondern schrieb am folgenden Tage , den 23. April, in Ritzebüttel an Benningsen, an Blücher und die Stader. Auch forderte er Bennigsen mit fast ebenso vielen Worten im Sinne Droops auf, den gegenwärtigen Abtransport von Beute zu verbieten und Davoust Bedingungen aufzuerlegen, was Bennigsen energisch durchzusetzen versprach. Der Brief Benningsens (Pinneberg, den 13./25. April) enthält folgenden Passus: Dass dieser Punct bei der noch bestehenden Uebergabe mit möglichster Strenge eruirt werden wird, können Ew. Hochwohlgeboren versichert sein. Abendroth schrieb unter anderem an Blücher (Ritzebüttel, den 23.April 1814):- In ruhigen Zeiten würde eine solche polizeiliche Aufsicht auf den Handel allerdings die demselben nothwendige Freiheit geniren, allein hier ist nicht von Handel, sondern von der Rettung eines geraubten und verheimlichten Eigenthums die Rede. --- Da der Senat noch nicht in Activität ist, so habe ich als bis jetzt einziges Mitglied des Senats, welches in Activität ist, mich für völlig befugt gehalten, mich deshalb an Ew. Hochwohlgeboren zu wenden, da ich das Glück habe, in England, im russischen Hauptquartier etc. als solches anerkannt zu sein. Übrigens schrieben Blücher und die Stader ziemlich freundlich zurück, sie versprächen, alles zu tun. Aber schon im März, als Bennigsen Hoffnung auf bevorstehende Hilfe signalisierte, setzte Abendroth alle Hoffnung darauf, dass nach der Übergabe der Stadt alle Dinge, die noch vorhanden seien, von den Franzosen zurückerstattet würden, das Restliche sollte nach freiem Ermessen geschätzt werden. In dem Brief (Ritzebüttel, den 16. März) an Bennigsen zählte er Einzelheiten auf: - Ich bitte, dass E. E. zu befehlen geruhen mögen, dass uns Hamburg mit allen Kriegs- und anderen Effecten, allen Magazinen und französischem Staatseigenthum überlassen werden möge, wie die unter E.E. Oberbefehl stehende Armée es in Empfang nehmen wird, und dass bei einer etwa stattfindenden Capitulation den Officieren nur ihr erweisliches Privatvermögen mitzunehmen erlaubt werde. (Ein Bremer Gesandter berichtet in einem Brief vom 13.April aus Paris, dass Stein öffentlich gesagt habe: die Hamburger sind nicht gescheut, wenn sie nicht auf Beschlag auf Davoust’s Privatvermögen antragen; Gries aber si anderer Meinung gewesen). Die Magazine aller Art sind uns genommen, enthalten zum Theil die letzten Reste des Vermögens vordem wohlhabender Mitbürger. Alles Holzwerk gehört Hamburgern, die armirten Schiffe sind Hamburgern genommene Torfever und andere Schiffe; die berühmte oder berüchtigte Brücke über die Elbinseln ist von unserer Mitbürger Holz erbaut; das baare Geld ist aus dem unsern Bürgern geraubten Silber geprägt, die Casernen und Hospital-Utensilien sind unseren Bürgern abgenommen, das dazu gehörige Leinenzeug ist aus den kostbaren Magazinen unserer Kaufleute und wohl nie von dieser Güte zu solchem Zweck verbraucht, bloss das Geschütz und die Ammunition ist aus Frankreich herbeigeführt, es ist also schon in der Billigkeit gegründet, dass unsere Bürger ihr Eigenthum wieder erhalten. Das geschütz als Geschütz hat für uns keinen Werth, sondern nur als Metall um es zu verkaufen und andere Bedürfnisse damit zu befriedigen, um auch unsere Festung so bald als möglich von dem Ertrag gänzlich zu demoliren, denn es gehörte gewiss eine so sonderbare nie wiederkehrende Verkettung unglücklicher Umstände dazu, als in der letzten Zeit leider Statt gefunden hat, dass aus Hamburg eine Festung gemacht worden. Hamburgs Freiheit steht und fällt mit der von Deutschland, es kann nicht auf seinen Wällen, sondern nur an der Gränze, wo der Feind steht, vertheidigt werden. Es existieren zehn Briefe, von dort vom ersten bis zum zwanzigsten Mai an Bennigsen geschrieben, in denen Abendroth ( welcher schon nach Altona gekommen war, um nach Beschaffenheit der Lage den Bürgern notwendige Ratschläge erteilen zu können) das vorschlug, was nach der Befreiung Hamburgs oder einem Waffenstillstand zuerst notwendig schien, (Wünsche worauf der Unterzeichnete bei der Capitulation von Hamburg Rücksicht zu nehmen gehorsamst bittet; Supplemente zu den Capitulations-Puncten; Puncte worauf der Unterzeichnete bei dem einzugehenden Waffenstillstand Rücksicht zu nehmen gehorsamst bittet; Supplement zu den Puncten beim Waffenstillstand oder sonst gleich zu beachten; Altona, den 1. bis 9.Mai 1814), oder die jüngsten Ausschreitungen oder Übeltaten der Franzosen offen legt (so klagte er am 7. Mai: Offiziere verkaufen Wein das Oxhoft zu 45 Mark Banco, in dem Augenblick wo 500 Oxhoft requirirt werden, ungeachtet noch über 1200 Oxhoft in den Magazinen sind; General Loison kauft jetzt Juwelen auf, welche leicht zu transportiren sind; gestern ist die Patentsteuer ausgeschrieben, obgleich in einer belagerten Stadt keine Geschäfte gemacht werden können), oder er zeigt seine vielfältige Sorge um das öffentliche Wohl, wie zuvor in der eingeschlossenen Stadt im Brief von 21. Mai findet sich: die französischen Behörden haben bekanntlich den Hamburgern alle Pferde weggenommen, sie theils todtgestochen, theils geschlachtet, theils zu ihrem Dienst genommen --- die Reinigung der Gassen und Wegholung des Unrathes hat gänzlich cessiren müssen, da alle Pferde uns fehlen; in einer aus einer Belagerung hervorgehenden Stadt ist der Stoff zu ansteckenden Krankheiten schon so häufig etc.). Auch Privatleute, von deren Einsatz und Sorge um den Staat er erfahren hatte, forderte er auf, vor Ort das zu übernehmen, was er in Abwesenheit nicht erledigen konnte. So schrieb er an den sehr verdiensten Knorr (18. März 1814): - Es haben mir mehrere Holzhändler angezeigt, dass noch wohl an 200,000 Stück Stabholz bei den verschiednen Officieren und employés sich befindet, welches zum Theil in nicht unbeträchtlichen Parteien zum Verkauf ausgeboten, zum Theil zersägt und ruinirt wird. --- Es scheint mir zweckmässig, dass die Commerz-Deputation sich dafür bei dem Herrn General Gerard verwende, dass alles dieses jetzt nicht mehr gebrauchte Holz im Werth von 250,000 Mark der Commerz-Deputation an einem näher zu bestimmenden Ort ausgeliefert werde um es nach gehöriger Dispachirung unter die Eigner zu vertheilen, und dass Alles später gefundene confiscirt und den Besitzern weggenommen werde. Derselbe fragte zur selben Zeit den Grafen Grote brieflich (9.Mai1814) fast dasselbe, was er auch von den Russen erbeten hatte, indem er wegen des Votums diesen freilich nicht zu verachtenden Rat anfügte: Wir wünschen, dass, um eine zwiefache Arbeit zu ersparen, und um das nur uns Hamburgern bekannte Interesse der Stadt wahrzunehmen, eine aus Hamburgern bestehende Commission als Hauptpartei bei der Unterhandlung zugezogen werden möge. Wer seine Aufzeichnungen konzentriert durchliest, in denen Abendroth zu dem Zeitpunkt entweder ganze Briefe, die an andere verschickt werden sollten, oder die Hauptsachen aufzuzeichnen pflegte, der wird letztendlich beurteilen können, wie engagiert A. die kleinsten wie die größten Angelegenheiten um ihretwillen in Angriff nahm und nehmen würde und wie viele und wie umfangreiche Staatsgeschäfte er allein auf sich genommen hat.

50.

Wie unablässig es von den meisten ausgenutzt wurde, dass Abendroth daran gewohnt war, mit Wünschen angerufen zu werden, wird aus dem Folgenden ersichtlich. Der angesehene Otto von Axen in einem Brief vom 16. Januar 1814: - Nun eine Sache, die mir von der äussertsten Wichtigkeit ist. Es scheint mir, dass Hamburg der Entscheidung seines endlichen Schicksals ganz nahe ist: und wie viel ist in diesem Fall i n und zunächst v o r der Stadt zu thun – wie nothwendig daher die Anwesenheit thätiger, geachteter Männer, die die Liebe und das Zutrauen der Mitbürger haben. Auf Beides haben Sie den ersten Anspruch – man sieht in der Stadt und erwartet viel auf und von Ihnen – nie, Gott gebe es! kann ein Zeitpunct wieder kommen, in dem Sie das im ganzen Umfang sein können, was Sie mir bei Ihrer Rathswahl sagten: n i e s o l l H a m u r g d i e s e W a h l g e r e u e n. Sie edler Freund haben immer Wort gehalten – Ihr Wahltag war ein Segen für die Stadt und wird es bleiben, wenn Sie sich nicht länger entfernt halten. Jetzt glaube ich, ist der Zeitpunct, dass Sie hier – in Flottbek oder Eppendorf – und mit Ihnen thätige Männer kämen. -- Wollt Ihr Hamburger ferner eurer Vaterstadt nützlich sein, so glaubt mir, jetzt oder nie ist die Zeit gekommen. -- Sie werden mir, lieber A., antworten, es sind kluge, umsichtige, thätige und Zutrauen verdienende Männer noch in Hamburg genug geblieben. Das ist es eben, dass Sie in Hamburg sind. Diese können nicht nach aussen wirken – und wie können sie, gedrückt von Sorge und Kummer, gelähmt von Furcht und Besorgnissen, denken und in dem entscheidenden Augenblick handeln. – Ich weiss, dass Sie keine ängstlichen Besorgnisse kennen, Sie haben Geistesstärke und Gesundheit mit dem reinsten Willen – Vaterlandsliebe ist ein hervorstechender Zug an Ihnen, und die Stimme eines alten Freundes, der so wie Sie seinen Geburtsort und dessen ehemalige glückliche Verfassung liebt, haben Sie nie überhört. Sie werden kommen. – Perthes an Carl Sieveking (Kiel, den 20. März 1814): - Ganz Ihrer Meinung bin ich, dass, da Abendroth der Einzige ist, der in Hamburg die materielle Grundlage aller besseren Entwicklung zu bereiten fähig ist, man sich ihm anschliessen muss. – Ferdinand Beneke an Mettlerkamp (Pinneberg, den 26. März 1814): - Abendroth’s Alleinherrschaft liegt in den Umständen, weil sich sonst gar kein Senator blicken lässt. - Als der Bremer Gesandte in den oben erwähnten Brief berichtet hatte, dass die Engländer sich über Abendroths beklagten, da dessen Autorität ihnen selber, die in Ritzebüttel nach Gutdünken handelten, lästig sei, schrieb aus Paris am 13. April, dass Münster von ihm selber über die Würde dieses Mannes und seine Bedeutung informiert worden sei: Münster findet Abendroth’s Auftreten ganz in Ordnung. – Ferdinand Beneke in einem Brief an Abendroth, Pinneberg, den 19. April: Aber, lieber Herr A., sobald Hamburg frei ist, kommen Sie doch hin? Mir deucht, das ist ganz unentbehrlich, dass Sie g l e i c h z u e r s t mit hineinkommen. Wie soll es sonst gehen? Wer soll denn dort sofort auftreten? Wer Namens des Staates dem General entgegenkommen? Wer soll? wer wird? wer mag? wer kann? Stäcker an A. (Blankenese, den 22. April): - Befriedigen Sie den Wunsch Ihrer Mitbürger, kommen Sie sobald als möglich zu uns. Die Befreiung Hamburgs kann ja nicht lange während, und Sie sind hier von der grössten Wichtigkeit, damit, wenn Hamburg frei wird, Sie sogleich an der Spitze stehen. – Axen an A. (Altona, den 26. April): - Alle Ihre und Hamburgs Freunde sind der Meinung, dass Sie doch so schnell wie möglich kommen müssen – sonst geschieht wieder was Halbes. – Carl Sieveking in einem Brief an A. (Blankenese, den 22. April 1814): - Es scheint als suche der Marschall noch vorläufig Zeit zu gewinnen, um seine Privatbedingungen zu machen. General Bennigsen ist mit der Abfassung der Convention beauftragt. Wenn ich auch glaube, dass jetzt die Bankforderung durch unmittelbare Verhandlung mit der französischen Regierung zu liquidiren ist, und dass man einen grossen Theil unserer Ansprüche ajourniren, ja vielleicht in der Folge für bleibende Handelsvortheile und Zollfreiheit aufopfern muss, so wäre es doch wohl möglich, dass in der Räumungs-Convention Eins oder das Andere zum Besten unserer Mitbürger stipulirt würde. Auf der anderen Seite wird der Wunsch, dass in Hamburg eine provisorische Behörde niedergesetzt werde, an deren Spitze die öffentliche Meinung Sie ruft, immer lauter und allgemeiner. Man fragt sich, ob dazu die einleitenden Schritte geschehen seien, und wenn auch unterrichtete Personen sich berechtigt glauben, dies anzunehmen, so wird man sich doch erst beruhigen, wenn Sie sich in der Nähe des Hauptquartiers aufhalten. Zwar wage ich nicht zu entscheiden, wie nöthig Ihre Gegenwart in Ritzebüttel ist; hier aber wird sie sehnlich gewünscht. Perthes ist mit seiner Familie hier. Wir alle sehen in Ihnen den einzigen Mann --- der zwischen den Anforderungen des Augenblicks und dem Erbtheil der Vergangenheit auf eine würdige Weise vermittelnd auftreten kann.

51.

Da über die Abschaffung der Franzosenherrschaft in der Stadt, über die veränderten Bezeichnungen der Staatsämter und über die Einsetzung des Senats in seine alte Würde fast nichts bekannt ist, scheint es mir der Mühe wert zu sein, das von mir Aufgefundene gesammelt vorzustellen. Abendroth hat schon am 17. Mai 1814 Bennigsen über die Wiedereinsetzung des Senats um Rat gefragt, ohne dessen Autorität diese in der noch vom Feinde besetzten Stadt in keinster Weise realisiert werden könnte. Der Maire Rüder hat am gestrigen Tage die Municipalität versammelt und derselben angezeigt, dass er um seine Demission nachgesucht auch dieselbe erhalten habe, er habe seine Adjoints gebeten, die Stelle zu übernehmen, allein sämmtliche Adjoints haben aus leicht begreiflichen Gründen die Uebernahme abgelehnt, er ist wirklich gestern Nachmittag auf- und davon gegangen, so dass also eine förmliche Anarchie in Hamburg existirt und die Bewohner ohne irgend einen Vertreter zu haben lediglich von dem Militär abhangen. --- Ich wage es, E. E. vorzuschlagen, den vorigen Senat so bald als möglich zusammen berufen zu lassen und diesem die Regierung der Stadt zu übertragen. Bennigsen scheint weder seine Autorität gezeigt zu haben noch dem Vorschlag nachgegangen zu sein, sondern die ganze Angelegenheit den Franzosen überlassen zu haben, die, da ihre Macht schwankte und sich ihrem Ende zuneigte, jeden Tag das Gegenteil vom vorherigen dachten. Es ist ein Brief vom Bürgermeister von Graffen an Abendroth vom 21. Mai erhalten. - Gestern Nachmittag, mein werther Herr College, sagte mir Herr Schulte, dass der Herr General Gérard sich wegen der Nachtwache sehr geneigt erklärt habe, derselben die vorgeschlagenen Wachtposten auch bei Tage einzuräumen, mit dem Beifügen, dass wenn der Herr General Bennigsen damit einig wäre, er auch nichts dagegen hätte, dass der Senat sich wieder constituire. Gestern Abend aber kam Herr v. Sienen, welcher sich mit der Ausarbeitung eines umständlichen Memoire wegen Reclamirung aller der Stadt gehörigen in dem Besitz der französischen Auctoritäten befindlicher Gelder und Effecten sehr beschäftigt hatte, nach geendigter Conferenz mit den Generalen Faucher und Foster zu mir und sagte mir unter Andern, dass der Herr General Gérard der Commission ganz bestimmt habe erklären lassen, dass, so lange er mit seinen Truppen hier wäre, er Hamburg als eine französische Stadt ansehen würde. – Unter diesen Umständen würde mir, wie auch selbst die russische Generalität nach Ihrem ehegestrigen Schreiben geäussert hatte, eine frühere Constituirung des Senats gar zu misslich scheinen. --- Ich werde dieser Tage zu freundschaftlicher Zusammenkunft mehrerer Mitglieder zu möglichster Vorbereitung das Nöthige veranstalten. Am folgenden Tage schien aus dem feierlichen Brief des Präfekten deutlich zu werden, dass Gérard anderer Auffassung war (ich folge der von der Hand Faassens geschriebenen Kopie): - Hamburg, den 23. Mai 1814. Der Präfekt des Departements der Elbmündung, konsultiertes Mitglied im Staatsrat, Ritter des kaiserlichen Ordens der Réunion, Baron des Kaiserreichs an den Herrn Maire und an die Herren Adjoints Hamburgs. – Meine Herren, durch einen Brief vom gestrigen Datum hat seine Excellenz, der Herr leitende General, Graf Gérard, mich beauftragt, dass, „in der Phase, in der die Räumung Hamburgs unmittelbar bevorsteht, er mich autorisiert, die Verwaltung in die Hände der Mitglieder der gegenwärtigen Munizipalität zu legen.“ Er fügt hinzu „dass ich diese Übertragung von heute an vornehmen könne.“ Folglich habe ich die Ehre, Sie darum zu bitten, sich freundlicherweise nicht mehr mit irgendeiner Angelegenheit an mich zu wenden, in Anbetracht der Tatsache, dass vom heutigen Tage an ich Ihnen die Interessen ihrer Kommune in die Hände lege. Ich möchte nicht diese Stadt verlassen, ohne Sie zu bitten, meinen Dank für die Art und Weise entgegenzunehmen, mit der Sie mich unterstützt haben, indem Sie zugleich versucht haben, die Interessen ihrer Mitbürger zu vertreten. Sollten Sie jemals wieder in der Lage sein, nach Frankreich zu kommen, und wir uns dort treffen könnten, seien Sie, meine Herren, des Vergnügens versichert, dass ich hätte, Sie wiederzusehen und Ihnen den Ausdruck meiner Hochschätzung zu erneuern und den einer lebenslange Verbindung, die Ihnen von meiner Seite gebührt. Wenn ich Ihnen jemals nützlich sein könnte, verfügen Sie über mich in allen Umständen. Mögen Sie, meine Herrn, dem aufrichtigen Ausdruck meiner herzlichsten Empfinden zustimmen. (Eigenhändig unterzeichnet) Breteuil. - Die von den Franzosen eingesetzten Munizipialbeamten waren der Meinung, dass am selben Tag denjenigen Senatoren, die sich in der Stadt aufhielten, diese folgende Bittschrift, in der sie auf ihre Ämter verzichten wollten, zu übergeben sei: - Magnifici, hoch- und wohlweise, hochzuverehrende Herren. Die Ereignisse des für die Geschichte der Stadt Hamburg ewig denkwürdigen 30sten Mai des Jahres 1813, veranlassten einen hochweisen Senat sich unter Umständen zu dissolviren, die für sämmtliche Bewohner unserer Stadt und ihres Gebietes von den unglücklichsten Folgen gewesen sind. Glückliche Kriegsereignisse des letzten Spätjahres und des verflossenen Winters nährten die nie erloschene Hoffnung, Hamburgs glückliche Verfassung wieder aufblühen zu sehen. Durch die zwischen den hohen alliirten Mächten und der gegenwärtigen französischen Regierung abgeschlossene Präliminar-Convention ward diese Hoffnung zur Gewissheit. Spätere zu Hamburg gepflogene Verhandlungen haben den Herrn Präfecten, ausweise anliegenden Briefes vom heutigen Tage, veranlasst, seine Function niederzulegen, und die Verwaltung unserer Stadt den Händen des Municipal-Corps anzuvertrauen. Dieses benutzt den ersten Augenblick, um Ew. M. H. und W. so angelegentlich wie ehrerbietig zu ersuchen, sich sogleich der Leitung unserer städtischen Angelegenheiten zu unterziehen, und sich ohne allen Zeitverlust wiederum als unsere rechtmässige Obrigkeit zu constituiren. Die Mitglieder dieses Corps, welche sich dem Wohlwollen ihrer verehrten Obrigkeit sammt und sonders empfehlen, sehnen sich vorzüglich nach dem Augenblick der Rückkehr der gesetzlichen Ordnung der Dinge, und werden nur, um keine Unterbrechung in den Geschäften zu veranlassen, so lange auf ihrem Platze bleiben, bis sie durch eine andere Behörde vertreten werden, welches Verfahren ihnen die Bürgerpflicht auferlegt, und von einem hochweisen Rathe nicht anders als günstig aufgenommen werden kann. Geruhen Ew. M. H. u.W. die Versicherung unserer treuesten Ergebenheit zu genehmigen. - Hamburg, 23.Mai 1814. - Die Maire-Adjoints und Mitglieder der Municipalität. Bei Anderson, einem um die Sammlung von historischen Erinnerungsstücken, die in der Commerzbibliothek aufbewahrt sind, höchst verdienten Manne, stießen wir auf diesen kurzen Brief: - S. Wohlgeboren Herrn Protonotarius Anderson Dr. - Ew. W. nehme ich mir die Ehre, zu einer durch die Zeitumstände veranlassten Conferenz heute Nachmittag um 5 Uhr in meinem Haus gehorsamst zu ersuchen – den 24.Mai 1814 – ganz ergebenst F.v. Graffen Lt. Dieser Bürgermeister hatte im Mai 1813 dem Senat vorgestanden und die Sitzungen geleitet. Als nächstes hat man das in der üblichen Form gedruckte Papier mit dem Tagesdatum und der unveränderten Jahresbezeichnung (die noch das Vorjahr angezeigt hatte): - Es wird hiermit angesagt, morgen um 10 Uhr zu Rathe zu erscheinen. Hamburg, den 25. Mai Anno 1814. Dieser Aufruf ist in den nächsten Tagen wiederholt worden, d.h. Donnerstag und Freitag. Am 26. des Monats schrieb Abendroth in Ausübung seines Senatorenamtes den Abwesenden, dass sie sobald wie möglich sich im Rathhaus einfinden sollten. da der Senat sich am heutigen Tage wieder constituirt hat und derselbe in dieser ersten Zeit es ganz besonders bedarf, alle Talente und Kräfte zu nutzen, auf die er Anspruch machen kann, um das so gänzlich zerrüttete Staatsgebäude wieder zu retabliren, so ersuche Ew. Wohlgeb. ich Namens und im Auftrag des Senats ganz ergebenst, so bald als möglich sich hieher zu begeben, um den Sessionen beizuwohnen und auch jetzt wie früher dem Staat durch Ihre Talente und Thätigkeit zu nutzen. Der Senat hofft statt einer Antwort Sie selbst baldigst hierzusehen, da nie dringlicher als jetzt war, dass alle im Senat vereinten Kräfte für das Wohl des Ganzen sorgen. Beim Absenden des Briefes ging Abendroth mit eigner Hand prüfend die sehr bekannten Männer durch: C. M. Schröder (Ruheleben bei Plön), Bausch (Eutin), M.J. Jenisch (bei den Gebrüdern Mallet in Paris), J.D. Koch, J. Gabe (Kiel), Schütze (Münsterdorf bei Itzehoe), Gräpel (Kiel), Prösch (Kiel), Sonntag (Blankenese), Doormann (Paris). Hier hat man alle, die bis zu dem Zeitpunkt noch nicht zurückgekehrt waren außer Gries, der aus Staatsgründen abwesend war. Der Brief Axens an Abendroth (Altona, den 5. Januar 1814) gibt einen Katalog der Männer dieses höchsten Standes, die in der Stadt geblieben waren, wieder: - Wie ich nicht anders weiss, so sind von Ihren ehemaligen Kollegen ausserdem (er hatte die sehr angesehenen Männer Bartels, J. C. F. Westphalen und J. J. Jenisch schon genannt) noch folgende in Hamburg geblieben: von Graffen, Amsinck, Lienau, v. Sienen, Oldenburg, Widow, Eybe, Brunnemann, Schröttering, Schlüter. - Am 27. desselben Monats war ein feierlicher Brief an die Lübecker und Bremer geschrieben worden, überdies auch an den Präfekten von Altona, Blücher. Die Lübecker hatten am 31. Mai 1814 unter anderem zurückgeschrieben: - Was hieselbst für die von dort ausgestossenen unglücklichen Opfer der Kriegswuth geschehen, wurde durch die heiligsten Pflichten geboten, und es ist die hiesige Mitwirkung dabei durch edelgesinnte thätige Bürger Hamburgs selbst gar sehr erleichtert worden. Wir wissen es ganz zu schätzen, dass Ew. Ehrbaren Wohlweisen der hier angewandten Sorgfalt so gütig erwähnen wollen. Die Bremer (am 6. Juni 1814): Wenn Ew. Ehrbaren und Wohlweisen der Hülfe erwähnen, welche den vertriebenen Hamburgern in hiesiger Stadt geworden, so ist von den Bremern nur die erste Pflicht menschlicher Theilnahme geübt worden, welche doppelt angenehm zu erfüllen war an Hanseaten, an Deutschen, welche so sehr Viel für die Sache des Vaterlandes gethan, welches mit Recht mehr und dauernder als jene Hülfsleistungen bei der Nachwelt in geehrtem Andenken bleiben wird.

52.

Am 23. April 1814 hatte Abendroth, ehe er Ritzebüttel verließ, an Perthes geschrieben: - Gott gebe, dass wir uns bald in Hamburg wiedersehen, wir müssen nicht lange ohne Constituion sein, dies exaltirt die Gemüther zu sehr. Es ist eine handschriftliche Seite von Abendroth erhalten, zwar ohne Tag und Jahr, jedoch unter all jenen wiedergefundenen Notizen, die ich unter der vorigen Anmerkung referiert habe. Dort legt er unter Aufgliederung in Einzelteile kurz dar, was vor allem geschehen müsste: - 1. Eine Regierungs-Commission ist nothwendig, sie muss aus Mitgliedern des Rathes und der Bürgerschaft bestehen und nicht zu zahlreich sein, und völlig freie Hand haben zu thun was nöthig ist. 2. Eine Verfassungs-Revisions-Commission ist ebenfalls unentbehrlich - Mitglieder die beständig bei einander sind, gewöhnen sich an einseitige Ansichten, es muss ihr also ein Ausschuss aus der Bürgerschaft adjungirt sein, der das Project mit ihr diskutiert, deliberirt und abschliesst. Ohne sie zu beschränken muss bestimmt werden: - a. dass sie durchaus nicht befugt sei, eine neue Verfassung zu entwerfen; dass sie auch nicht die alte Verfassung in einen neuen Codex bringe, sondern dass sie nur Verbesserungen vorschlage; b. dass diese Verbesserungen nur solche sein dürfen, die entweder in die Verfassung selbst eingreifen oder durch den Drang der Umstände nothwendig geworden sind, dass alle und jede andre, sie mögen so nützlich sein wie sie wollen, an den ordentlichen, constitutionellen Gang zu verweisen; c. dass, da die Bürgerschaft nicht im Stande ist, ein grosses Gesetz zu discutiren, die Commission mit dem Ausschuss zu bevollmächtigen, diese Verfassungs-Verbesserungen definitiv zu beschliessen; d. dass, um die Einsichten aller guten Bürger zu benutzen, es einem Jeden freigestellt werde, seine Vorschläge dem Präsidenten dieser Commission einzusenden; e. dass die Unaufkündbarkeit unserer Staatsschuld festzusetzen, aber von einer Herabsetzung des Capitals (sic) nicht die Rede sein dürfe; f. dass diese Commission sich einzig mit diesen Geschäften zu befassen hat , auch deswegen die Mitglieder derselben von allen und jeden andern Functionen gänzlich zu dispensiren, so dass in spätestens zwei Monaten diese Arbeit zu beendigen.

53.

Abendroth an Perthes, Ritzebüttel, den 25. Oktober 1814: - Ich bin hier recht gut und vergnügt, und thue was ich kann; allein Ihr lieben Kinder in Hamburg seid doch auch wirklich ein bischen zu ungeduldig. Ich habe ein Recht darüber zu sprechen, da ich meine Meinung frei und öffentlich darüber gesagt und mich auch über den Senat expectorirt habe. Ueber unsere Finanzen ist gar Nichts mehr zu sagen, unsere kostbaren Institute des Land- und Wasserbaues sind so regulirt, dass diese Reformation gewiss höchst erspriesslich für unsern kleinen Staat sein wird; das Unwesen mit den Bürgercapitainen – eine Sache, die vor 10 Jahren noch Niemand anzutasten gewagt hätte, ist total abolirt, dabei sind alle laufenden Geschäfte abgethan. Ueber die zu verbessernde Repräsentation hat Amsinck eine meiner Meinung nach ganz vortreffliche Arbeit gemacht, die aber, weil sie bei Gelegenheit der Reformirten und Katholiken proponirt werden sollte, desswegen zu Rath nicht beliebt ward, weil man mit Recht für diese beiden Classen der Bürger keine Unterscheidung wollte. So geht es oft bei uns und kann in einem Collegio von 28 Männern nicht anders gehen; es ist unglaublich, wie viele treffliche Arbeiten in unserem Archiv auf diese Weise der Vergessenheit übergeben sind, dies liegt aber nicht an dem Senat, sondern an der Organisation. Der gewissenhafte Mann, dessen Meinung uns vielleicht nicht gefällt, die wir gänzlich überflüssig halten, lässt sich die Majorität gefallen, glaubt aber oft, und je mehr er anderer Meinung ist, desto stärker, dass es seine Pflicht ist, seine Meinung ausführlich sagen zu müssen. Man kann dies tadeln, muss man es nicht vielmehr loben, so unangenehm es auch zuweilen ist, dass er sich diese Mühe giebt, wenn er auch weiss, dass es vergebens ist? Wenn die Justiz auch regulirt ist, die ja nun auch bald kommen wird, so sage ich nach meiner innigsten Ueberzeugung, dass die Hauptsachen gethan sind. Wenn man der Opposition, wie dies in einem freien Staat sein muss, freien Lauf lässt, so sollte auch ein Regierungsblatt eigentlich existiren, was das Gute, was geschehen ist, deducirte, die Schwierigkeiten, die anderen Wünschen im Wege stehen, darlegte, und so die Liebe zu den Verwaltungs-Collegien unterhielte. Es ist mir wirklich ein unangenehmer Gedanke, dass die Bürgerschaft jetzt oft incomplet ist, hätten in der letzten Bürgerschaft nicht so Viele gefehlt, so wäre der Wunsch, dass die Reformirten und Katholiken regierungsfähig sein sollten, wahrscheinlich als ein Annexum an den Rath gekommen. Die Hauptschwierigkeit warum dies nicht proponirt worden, liegt darin, dass man bei den Landherrschaften concurrirt, die fremden Religionsparteien nicht zulässig fand. Es ist dies durchaus nicht meine Meinung, da sich leicht Modificationen würden treffen lassen, aber so wie die Sache jetzt ist, ist es bei aller Toleranz doch auch nicht zulässig, dass ein Katholik Chef einer lutherischen Schule und Kirche ist. Wäre der Rath weniger ängstlich gewissenhaft, so würde er Alles flott weg proponirt und hierauf durch die Reservation sich geholfen haben, es steht ja bei uns, wen wir wählen wollen. ----- Ein jeder thue das Seine redlich, - das Andere muss sich Alles von selbst finden; ein Bürger, der Etwas thut um sich eine Bürgerkrone zu verschaffen, ist mein Mann nicht, das findet sich Alles von selbst; erst muss man Etwas thun, ehe man verlangen kann, allgemein geehrt und geachtet zu sein. - Ich schreib Ihnen dies, mein lieber Perthes, weil Sie ein solcher Mann nicht sind (solche Leute sind nützlich und zu gebrauchen, aber nur unter gehöriger Leitung, obgleich sie dies nicht glauben) – ich schreibe Ihnen dies Alles, damit, wenn Sie meiner Meinung sind, Sie ohne die Opposition zu verhindern, dem entgegenarbeiten, damit Ruhe und Ordnung erhalten werde (es wird allenthalben gefehlt, und so will ich auch den Senat nicht freisprechen, hier fallen mit der menschlichen Natur zusammenhängende Fehler mehr auf, weil Alles auf ihn sieht, weil man zu Viel von einem so starken Collegio erwartet) – ich schreibe Ihnen dies als einen Beweis meiner Achtung; wären wir hier zusammen, so bin ich überzeugt, wir würden, wenn wir auch Anfangs verschieden dächten, in den mehrsten Dingen einerlei Meinung werden, und vieles Gute vereint stiften können und wirklich stiften. --- Wenn das Oberalten-Collegium noch etwas thätiger wird und Wahlen wie von Axen und Gläser macht, so wird dadurch Manches zur Sprache gebracht werden können und so allmälig Vieles bewirkt werden. – Axen, der über die Verleihung des Bürgerrechtes, den Zugang zu Ehrenämtern und über die nicht anzuwendende Diskriminierung nach religiöser Überzeugung mit Abendroth völlig übereinstimmte wie auch mit Perthes, hat sich darüber mehrfach mit Abendroth ausgetauscht, was von Seiten der Bürger geschehen war. Brief vom 16. September 1814: - Heute glaube ich, war es der guten Sache zuträglich, dass ich Oberalter geworden bin. Die Vorschläge des Senats wegen der Reformirten, Katholiken und Menoniten sind mit grossem Dank für die liberale Gesinnung des Senats pure angenommen worden. Beinahe wäre ich damit durchgekommen, den Senat zu ersuchen, sie auch im Senat mit aufzunehmen. Schade dass dieses nicht in dem Vorschlag, sonst wäre es durchgegangen, ich möchte dafür stehen, dass es in der Bürgerschaft durchgehen wird – ob dieses aber wegen der Juden auch Statt finden wird, ist eine grosse Frage. Zwar sind sie ganz so wie der Rath es wünscht bei uns ( aber nur mit der Mehrheit von einer Stimme) durchgekommen; aber wird dieses auch in den Kirchspielen gehen, wenn meine alten Collegen mit ihrem Nein zuerst anfangen. Alles Andere wollen sie ebenfalls zugeben, dass sie aber Richter im >Handels-Tribunal in christlichen Rechtssachen sein und Deputirte in der Bürgerschaft haben sollen, will ihnen gar nicht einleuchten. – Was meinen Sie, wäre es nicht gut, wenn das Publicum auf die Proposition des Senats wegen der Juden etwas vorbereitet und zu Gunsten derselben Etwas gedruckt würde – aber wer soll es thun – auch müsste es kurz vor der Bürgerschaft sein. – Derselbe am 8. Oktober 1814. Die Angelegenheit der Juden ist bei den 60gern durchgefallen, es kommt aber an die Bürgerschaft – 8 Oberalte waren dafür, nur 2 dagegen. Sehen Sie wie helle es bei uns wird. Derselbe am 21. Oktober 1814. Gestern war eine Bürgerschaft von zwölf Stunden. Bei der ersten Proposition, die fremden christlichen Religionsverwandten betreffend, war vergessen die englische Kirche, und die Bedingung gemacht, dass Reformirte, Katholiken und Menoniten nicht Rathswahlfähig sein können . – Eine Menge, das ganze Katharinenkirchspiel war der Meinung, den Senat zu ersuchen, dieses zurück zu nehmen – in Petri fehlten nur 2 Stimmen, so wäre auch dies Annexum angehängt worden. – Was wird man in Wien, was in ganz Deutschland sagen, wenn die Allgemeine Zeitung, die über Hamburg jetzt sehr ausführlich ist und jede Verhandlung der Bürgerschaft sehr richtig abdrucken lässt, dieses zur Sprache bringen wird – zu einer Zeit, wo Reformirte und Katholiken sich auch für Hamburgs Befreiung todtschlagen liessen. – Der treffliche (nur etwas zu weitläufige) Vorschlag des Senats, die Israëliten betreffen, wurde abgeschlagen. – Die Stimmen der Bürgerschaft waren ungefähr in einem Verhältnis wie 2/5 zu 3/5. Die Wichtigkeit der Sache verlangt es nach der Meinung der besten Bürger, dass dieser Vorschlag bald zum zweiten, und wenn es erforderlich ist, zum dritten Mal wiederholt werde. Traurig, dass wir nicht freiwillig thun wollen, was wir doch bald wahrscheinlich befohlen thun müssen. Der Senat ist es dem Wohl der Stadt, sich selbst und Deutschland schuldig, diese Angelegenheit so nicht aufzugeben. Es ist zu umständlich, Ihnen zu melden, von welchen Modificationen ich sehr guten Erfolg erwarte. Wenn die Herren Referenten sich vorher doch etwas mit Bürgern besprächen, die den Geist und die Art der jetzigen Bürgerschaft kennten, so würden Manches anders kommen. Wer gestern dagegen war, gehörte wohl nicht zu dem thätigsten und besten Theil der activen Bürger. Ich vermuthete gestern ein grosses Gedränge, doch ist die Bürgerschaft kaum komplet geworden, 6 mussten dazu aus den Häusern geholt werden, um nur complet zu werden; in unsrem Kirchspiel fehlten allein 14. – Derselbe am 17. November 1814: - Montag ist Bürgerschaft; 60ger haben die Israëliten- Angelegenheiten wieder abgeschlagen. Dieser Passus ist daher vor der Hand noch ausgesetzt. Im Übrign schrieb Axen am 6.November an Abendroth: - Was Sie in Perthes’ Brief (vom 25.Oktober) über die hiesige Stimmung und die mitunter übertriebenen Klagen gewisser Leute schreiben, ist ganz meine Meinung. Es bleibt aber doch auch wahr, dass Vieles zur unrechten Zeit, Vieles nur halb und mit einer Art gethan wird, die wenig Zutrauen erweckt. Axen hatte schon am 16. September geschrieben: Sie sehen, wir kommen immer weiter, nur etwas langsam und etwas schwankend – so Etwas von halben Maassregeln. An Perthes, dessen Ansicht die jüngst von seinem Sohn edierte Lebensbeschreibung wiedergibt (Fr. Perthes’ Leben, II, 21), schrieb Abendroth am 25. Dezember zurück: - Dass im Senat es auch Leute gibt, die ihre Fehler haben, wird niemand leugnen, dass alte Männer Leute sind, denen die zu den jetzigen Zeiten nöthige Energie fehlt, ist wahr, aber redlich und rechtlich meint es jeder mit dem Staat, dies kann nicht zweifelhaft sein. Derselbe an denselben (Ritzebüttel, den 30. Dezember 1814): - Ueber die Hamburgensien muss ich Sie noch zu bekehren suchen, sobald ich nur irgend Zeit habe, obwohl ich sonst mit Proselyten-Machen mich nicht abgebe; ich sage meine Meinung und damit basta. Ich habe auch in Bezug auf meine Wünsche Niemand geantwortet. Uebrigens sind wir unsrem literarischen Commerz hieselbst noch nicht ganz in Ordnung, und so habe ich, falls die Wünsche irgendwo recensirt sein sollten, die Recensionen gar nicht gelesen. Wenn solche existiren und Sie haben Jemand, der sie aufsuchen kann, werden Sie mich sehr verbinden. Über die Ansicht der 20ger Axen am 6.November 1814: - Wir Oberalten unterhalten uns jetzt mit dem Nachlass der Deputation der 20ger, welches aber auch zu keinem Resultat führt. Die 36 übergebenen Wünsche sind mit Ausnahme von 3-4 alle in Ihren Vorschlägen enthalten. Wohl uns, wenn sie alle mit Ausnahme der künftigen Wahl der Oberalten dereinst von der Bürgerschaft angenommen würden. - Was den Vorschlag dieser Wahl betrifft, so würde Bitte, Ueberredung, vielleicht auch Bestechung diese Wahl in der Bürgerschaft leiten, wenn sie so, wie vorgeschlagen, gemacht würde.

54.

Abendroth an Perthes (Ritzebüttel, den 29. Oktober 1814): - Ich habe die Idee, mein lieber P., eine Antwort auf Davoust’s Mémoire drucken zu lassen, welche sich besonders durch eine Menge Anlagen auszeichnen und desswegen nicht unmerkwürdig sein wird. Es muss deutsch und französisch gedruckt werden. --- Da Alles mit Belegen versehen ist, so werde ich mich nicht nennen. Derselbe an denselben (Ritzebüttel, den 26. November 1814 - als P.S. fügte er selber folgende Worte hinzu: morgen ist Ritzebüttel ein Jahr befreit):- Ich schreibe und spreche ein Französisch, soweit man’s im gemeinen Leben gebraucht, getraue mir aber nicht Etwas zu schreiben, was gedruckt werden kann, ich möchte Sie daher bitten, das Manuscript übersetzen und vor dem Druck mir die Uebersetzung zukommen zu lassen. Derselbe an denselben (9.Dezember 1814): Ich hoffe durch die Anlagen den Charakter derjenigen, die bei uns gehauset haben, etwas näher aufzudecken. Derselbe an denselben (30.Dezember 1814): - Was Sie als Verleger thun, ist mir ganz recht, setzen Sie Deutschland darauf.

55.

Abendroth an Perthes (Ritzebüttel, den 25. Oktober 1814): - Ich leugne nicht, dass ich mich oft freue, hier ohne viel zu fragen Gutes stiften und Saamen ausstreuen zu können, der noch lange und spät Früchte tragen wird. Derselbe an denselben (29. Oktober 1814): - Ich lebe hier froh und frei, entfernt von allen Machinationen; ich bin so glücklich, viel für dieses kleine Land thun zu können, die Folgen meines Handelns fangen schon an sichtbar zu werden. Auch unsre Armenanstalt kömmt wieder in Gang, es sind schon zwei neue Schulen gebauet, ohne dass wir desshalb Schulden gemacht haben; auch in diesem Jahr schon zahlen wir Zinsen. Kurz, es geht Alles – es hat doch auch sein Gutes, wenn man nicht gar zu viel fragen darf. Derselbe an denselben am 25. Dezember 1814: - Gottlob ein andrer Weihnachten als der vorige, mein hochgeschätzter Freund Perthes. Bei uns hier geht alles vorwärts, Jedermann ist froh, fühlt sich glücklich und freut sich des Lebens, am 24sten haben wir unsere Armen-Ordnung wieder anfangen lassen . Es ist mir höchst schmerzlich, zu hören, dass es in Hamburg noch nicht so weit ist, unglückliche Umstände bringen dort Verwirrung hervor. ---

56.

„Fast den vierten Theil dieses halben Jahrhunderts, welches Sie miteinander liebend und treu durchlebten, widmeten Sie unter wechselnden, verhängnissvollen Zeitumständen in unserer Mitte einer unausgesetzten Aufmerksamkeit und landesväterlichen Sorgfalt für das Wohlergehen des Ihnen anvertrauten Amtes Ritzebüttel und seiner Bewohner.

„In allen Theilen der Verwaltung, Magnifice! wohin wir blicken, erkennen wir Ihre segensreiche Wirksamkeit, Fürsorge und Berufstreue, sei es in den Jahren schmerzlicher Prüfung, von einer höheren Hand verhängt, sei es, als es galt - da unserm Amte noch früher denn der geliebten Vaterstadt Hamburg die Freiheitssonne wieder aufging, und bei der Rückkehr des Friedens – mit getroster Zuversicht, mit fröhlich aufstrebendem Muthe, mit frischer Kraft und Ausdauer das zerstörte Gute wiederherzustellen, den Anforderungen und Bedürfnissen der Zeit zu genügen, Veraltetes umzugestalten, und Neues und Besseres zu begründen, auszuführen oder für die Folgezeit vorzubereiten. Auf allem während Ihrer Amtmannschaft gestifteten und geförderten Guten verweilt unser Blick mit dankbarer Freude und Rührung. – Für einen höheren geistigen Segen gründeten und pflegten Sie Kirchen und Schulen; für die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung und Sicherheit sorgten Sie durch schleunige und unparteiische Pflege der Justiz und durch Einrichtung der Bürgerbewaffnung; den Sinn des gemeinsamen Strebens zum allgemeinen Besten wussten Sie zu wecken und anzuregen. Die einzelnen Zweige der Verwaltung erfreuten sich durch Ihren umsichtigen, praktischen Scharfblick und Ihre rastlose Thätigkeit einer geregelten und vereinfachten Organisation, und unsere Communal-Verhältnisse wurden zu einer weiteren Ausbildung vorbereitet. – Durch Ordnung unserer Finanzen und durch Einführung eines sicheren Hypothekenwesens, durch zahlreiche und zweckmässige polizeiliche Einrichtungen, durch Verbesserungen in den Marine-Anstalten und zum Besten der Schiffahrt, durch Aufmunterung und Unterstützung aller Art bei der Eröffnung neuer Erwerbsquellen, durch Stiftung der wohlthätigen, nicht genugsam anerkannten See-Bade-Anstalt, durch alle diese und andere Denkmäler Ihrer landesväterlichen Fürsorge erwarben Sie sich unvergängliche Verdienste um unser Amt und einen gerechten Anspruch auf allgemeine dankbare Anerkennung. Für das Armenwesen wussten Sie durch Wiederbelebung der in Verfall gerathenen Armenordnung und durch Begründung des Nicolai-Stiftes für alle Folgezeit auf sichere Weise vorzusorgen. Wenn es galt, für die Vertretung unseres Wohles, unserer Interessen und Rechte, sei es in unserer Vaterstadt, sei es bei fremden Behörden, durch Fürsprache zu wirken, so durften wir uns Ihres unerschrockenen und gern beachteten Fürwortes getrösten. Dies bewährte sich noch häufig, als Sie längst zu grösserer Wirksamkeit und höherer Würde in der Vaterstadt erhoben, und leiblich aus unserer Mitte geschieden, doch fortfuhren mit regem Geiste und mit theilnehmendem, liebendem Herzen in unseren Wünschen und Bedürfnissen mit uns fortzuleben. Vor Allem aber veranlasst Ihr gegenwärtiges häusliches Fest uns, zu gedenken des Vorbildes der Häuslichkeit, der Liebe. des friedlichen Familienlebens, der Gastlichkeit, der Wohlthätigkeit, mit welchem Sie und Ihre würdige Frau Gemahlin uns vorgeleuchtet haben. --- Ein unvergängliches Denkmal haben Sie sich bis auf die späteste Nachwelt in unser Aller Herzen gesetzt. So mögen denn auch Sie uns ferner Ihre wohlwollende Zuneigung und Liebe unverändert erhalten, und auf Ihre Kinder und Nachkommen vererben. Die Namen Ritzebüttel und Abendroth stehen unzertrennlich verschwistert.“ – Dies ist mit den Namen von mehr als 170 Bürgern und Einwohnern bekräftigt. Man beachte auch die Rede Walthers in ihrer Gänze, besonders aber S. 8: „ Und das Alles war ihm natürlich; sein Herz konnte nicht anders; er brauchte nicht zu solcher Liebesarbeit sich zu zwingen. Und wenn’s gelungen war, was er gewollt, dann redete er nicht nicht von sich, er gab dem Herrn die Ehre. Brüder, es war ergreifend, den festen, starken Mann zu sehen, wie er hinaufblickte zu dem Geber aller guten und vollkommenen Gaben, und unter hellen Dank- und Freudenthränen dann sein Haupt niedersenkte.“ – Predigt am Nachmittag des 12ten Sonntags nach Trinitatis, in der Kirche zu Ritzebüttel, gehalten durch H. F. Walther, Pastor, Hamburg 1844.

57.

Was das Professorenkollegium zurück schrieb, wird im Archiv des Gymnasiums aufbewahrt, aus dem der eine oder andere Satz zitiert werden mag. In einem Brief vom 3. November 1827: - Noch wünscht das Collegium scholarchale darüber das Gutachten der Herren Professoren. ob es nicht rathsam, nach dem Beispiel von Büsch, Brodhagen und auch Ebeling, die oberste Classe der Kaufmannschaft dem Gymnasio einzuverleiben, das so die Akademie dieser und andrer gebildeter Männer werden könnte. Brief vom 28. Januar 1828: - Da, wie ich erfahre, auch auf mehreren Comptoiren mit Logarithmen gerechnet wird, so ist auch dieses, so wie Technologie, das doppelte Buchhalten, Hamburgische Geschichte und Verfassung in diesen Lehrplan aufzunehmen. Freilich war es jener selbe, der ehemals nicht gewollt hatte, dass die Hamburger Geschichte und die Kenntnis der Verfassung in unseren Schulen fehle.

© Dr. Reinhard Pohl